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Reichweite des Zielleistungsprinzip

 | Gericht:  Bundesgerichtshof (BGH) Karlsruhe  | Aktenzeichen: III ZR 239/07 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Gebühren

Urteilstext

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 20, vom 28. August 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe eines Betrags von 292,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Juni 2005 abgewiesen worden ist.

 

Die weitergehende Revision des Klägers wird zurückgewiesen.

 

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger, Direktor der Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie eines Universitätskrankenhauses, macht gegen den Beklagten auf der Grundlage einer Wahlleistungsvereinbarung Honoraransprüche geltend, die im Zusammenhang mit einem am 9. September 2004 durchgeführten operativen Eingriff wegen eines Bronchial-Karzinoms stehen. Seine Leistungen rechnete er am 25. Oktober 2004 mit insgesamt 4.582,41 € ab, auf die der Beklagte - in Abstimmung mit dem hinter ihm stehenden privaten Krankenversicherer - nur 2.623,94 € zahlte. Hintergrund hierfür ist deren Auffassung, bestimmte in Rechnung gestellte Gebührenpositionen seien nicht selbständig abrechenbar, weil es sich insoweit nur um methodisch notwendige operative Einzelschritte handele, die erforderlich gewesen seien, um die Zielleistungen nach den Nummern 2997 (Lobektomie und Lungensegmentresektionen) und 3013 (Intrathorakaler Eingriff am Lymphgefäßsystem) des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) vornehmen zu können. Der Unterschiedsbetrag von 1.958,47 € nebst Zinsen war Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens.

 

Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 1.356,84 € nebst Zinsen stattgegeben. Dabei hat es die Auffassung vertreten, der Kläger sei berechtigt, neben diesen Gebührenpositionen auch Leistungen nach den Nummern 2975 und 3126 und je zweimal nach den Nummern 2583 und 2802 des Gebührenverzeichnisses abzurechnen, weil sie nicht als methodisch notwendige Einzelschritte der in den Nummern 2997 und 3013 abgebildeten Zielleistungen anzusehen seien und eine eigenständige medizinische Indikation gehabt hätten. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat nur teilweise Erfolg und führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

 

I.

Das Berufungsgericht verneint eine gesonderte Abrechenbarkeit der in Rede stehenden, vom Kläger erbrachten Leistungen auf der Grundlage des § 4 Abs. 2a GOÄ. Bei ihnen handele es sich um im Sinne des Satzes 2 dieser Bestimmung methodisch notwendige operative Einzelschritte auf dem Weg zur Erbringung der unter die Nummern 2997 und 3013 fallenden Zielleistungen. Bei der Feststellung, was ein methodisch notwendiger operativer Einzelschritt sei, komme es nicht darauf an, ob die betreffende Leistung immer, typischerweise und routinemäßig bei der Erbringung der sogenannten Zielleistung anfalle, sondern allein darauf, ob sie im konkreten Fall erforderlich gewesen sei, um die Zielleistung kunstgerecht erbringen zu können. Diese Auslegung sei vor allem aus praktischen Gründen vorzuziehen, weil sie wesentlich leichter handhabbar sei und eine eindeutigere Abgrenzung erlaube, als wenn die Typizität eines Zwischenschrittes - vielfach nicht ohne sachverständige Hilfe - beurteilt werden müsse, und werde daher dem Anliegen nach mehr Transparenz der Abrechnung besser gerecht.

 

II.

Diese Beurteilung hält in ihrem Verständnis zur Auslegung des § 4 Abs. 2a GOÄ der rechtlichen Überprüfung nicht stand; hiervon ist jedoch nur die Abrechenbarkeit der Leistung nach Nr. 2975 des Gebührenverzeichnisses betroffen.

 

1.

Wie der Senat bereits mit Urteilen vom 13. Mai 2004 (BGHZ 159, 142, 143 f) und vom 16. März 2006 (III ZR 217/05 - NJW-RR 2006, 919 Rn. 6) entschieden hat, ist für die Frage, welche von mehreren gleichzeitig oder im Zusammenhang erbrachten Leistungen selbständig berechnungsfähig sind, neben Berechnungsbestimmungen im Gebührenverzeichnis selbst vor allem § 4 Abs. 2a GOÄ in der Fassung der Vierten Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Ärzte vom 18. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1861) in den Blick zu nehmen. Nach dieser Bestimmung kann der Arzt für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt nach § 4 Abs. 2a Satz 2 GOÄ auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte. In den dem Abschnitt L (Chirurgie, Orthopädie) des Gebührenverzeichnisses vorangestellten Allgemeinen Bestimmungen werden Inhalt und Tragweite dieses als Zielleistungsprinzip bezeichneten Grundsatzes näher verdeutlicht, wenn es dort heißt, dass zur Erbringung der in Abschnitt L aufgeführten typischen operativen Leistungen in der Regel mehrere operative Einzelschritte erforderlich sind und dass diese Einzelschritte, soweit sie methodisch notwendige Bestandteile der in der jeweiligen Leistungsbeschreibung genannten Zielleistung sind, nicht gesondert berechnet werden können. Der Bestimmung des § 4 Abs. 2a Satz 1 GOÄ, die inhaltlich im Wesentlichen schon in § 4 der Gebührenordnung für Ärzte vom 18. März 1965 (BGBl. I S. 89) und in § 4 Abs. 2 Satz 2 der Gebührenordnung für Ärzte vom 12. November 1982 (BGBl. I S. 1522) enthalten war, kommt eine klare abrechnungstechnische Bedeutung zu, die unmittelbar einleuchtet: Der Arzt darf ein und dieselbe Leistung, die zugleich Bestandteil einer von ihm gleichfalls vorgenommenen umfassenderen Leistung ist, nicht zweimal abrechnen. Daraus folgt zugleich die Selbstverständlichkeit, dass Leistungen, die nicht Bestandteil einer anderen abgerechneten Leistung sind, abrechenbar sind, soweit es sich um selbständige Leistungen handelt.

 

Die durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Ärzte vom 18. Dezember 1995 zusätzlich eingefügten Regelungen in § 4 Abs. 2a Satz 2 GOÄ und in den Allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts L, die auf eine Anregung des Bundesrates zur "Klarstellung und Verdeutlichung der Anwendung des Ziel- oder Komplexleistungsprinzips auch im operativen Bereich" zurückgehen (vgl. BR-Drucks. 688/95 S. 4), schließen an diesen Zweck an und formulieren dies für operative Leistungen in der Weise, dass methodisch notwendige operative Einzelschritte nicht besonders zu berechnen sind. Dabei verdeutlicht Absatz 1 Satz 2 der Allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts L, dass mit den Einzelschritten Bestandteile der in der jeweiligen Leistungsbeschreibung genannten Zielleistung gemeint sind. Es geht daher auch bei Anwendung dieser Bestimmungen um die Verhinderung einer Doppelhonorierung von Leistungen (vgl. Miebach, in: Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 3. Aufl. 2006, § 4 GOÄ Rn. 12 f, und MedR 2003, 88). Nur dieser Grund rechtfertigt es, eine erbrachte Leistung, soweit sie selbständig ist, nicht zu honorieren.

 

2.a)

Vielfach gibt die Gebührenordnung selbst Hinweise dafür, wie das Verhältnis ärztlicher Leistungen zueinander zu bestimmen ist, ohne dass hierfür eine aufwändigere Analyse des genauen Inhalts der Gebührenposition notwendig wäre. Dies gilt - für den operativen Bereich - etwa für eine Komplexleistung wie in Nr. 2757 im Verhältnis zu Nr. 2260 (vgl. hierzu Senatsurteil BGHZ 159, 142, 144 f), für die Komplexleistung in Nr. 2297 im Verhältnis zu den Nummern 2295 und 2296 (vgl. Senatsurteil vom 16. März 2006 aaO S. 919 f Rn. 7) oder wie im vorliegenden Fall im Verhältnis der Komplexleistung in Nr. 2997 zu den Leistungen in den Nummern 2995 und 2996. Dass einem einheitlichen Behandlungsgeschehen auch mehrere Zielleistungen zugrunde liegen können, ist nach der jeweiligen Leistungslegende ebenfalls möglich (vgl. Senatsurteil vom 16. März 2006 aaO S. 920 Rn. 10). Absatz 2 der Allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts L belegt, dass auch die Gebührenordnung von einer solchen Möglichkeit ausgeht, indem sie eine Anrechnungsbestimmung bei Eingriffen in die Brust- oder Bauchhöhle nach unterschiedlichen Gebührenpositionen vorsieht, wenn es dabei nur zu einer einmaligen Eröffnung dieser Körperhöhlen gekommen ist. Daran wird deutlich, dass es einer genaueren Betrachtung der Reichweite jeder in Rede stehenden Gebührenposition bedarf und aus dem Umstand, dass nach ärztlicher Kunst verschiedene Leistungen in zeitlichem Zusammenhang zu erbringen sind, nicht ohne weiteres zu schließen ist, es liege nur eine Zielleistung vor, im Verhältnis zu der sich die anderen als unselbständige Hilfs- oder Begleitverrichtungen darstellten.

 

b)

Geben unterschiedliche Gebührenpositionen, die ihrer Legende nach durch den Arzt erfüllt worden sind, keine näheren Hinweise über ihr Verhältnis zueinander, ist zu prüfen, ob es sich um jeweils selbständige Leistungen handelt oder ob eine oder mehrere von ihnen als Zielleistung und die anderen als deren methodisch notwendigen Bestandteile anzusehen sind. Die Auffassung des Berufungsgerichts, was unter einem methodisch notwendigen Bestandteil einer Zielleistung zu verstehen sei, richte sich danach, was im konkreten Einzelfall erforderlich gewesen sei, um die Zielleistung kunstgerecht zu erbringen, teilt der Senat nicht. Der Maßstab ärztlicher Kunst ist bei der Erbringung aller ärztlichen Leistungen - seien es selbständige Leistungen oder unselbständige Begleitverrichtungen - zu beachten. Er hat damit Bedeutung für die Frage, welche Leistungen der Arzt dem Patienten in einem konkreten Behandlungsfall zu erbringen hat. Er ist aber gebührenrechtlich kein hinreichend taugliches Unterscheidungskriterium. Vor allem vermag er die Frage nach dem jeweiligen Inhalt der zur Diskussion stehenden Gebührenpositionen nicht näher zu beantworten. Will man aber im Einzelnen prüfen, ob verschiedene ärztliche Leistungen (methodisch notwendige) Bestandteile einer anderen Leistung sind, damit eine doppelte Honorierung vermieden wird, kann man dies nur beantworten, wenn man zuvor Klarheit über den jeweiligen Leistungsumfang gewonnen hat. Diese dem Richter obliegende Aufgabe wird häufig nicht ohne sachverständige Hilfe bewältigt werden können. Dabei hat der Richter - wie auch sonst bei der Auslegung von Gesetzen - einen abstrakt-generellen Maßstab zugrunde zu legen (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 21. September 1995 - 2 C 33/94 - juris Rn. 14-16), ehe er das hieraus gewonnene Ergebnis auf den konkreten Fall anwendet. Dass der Verordnungsgeber bei der Festlegung und Bewertung der einzelnen Gebührenpositionen von solchen allgemeinen Maßstäben ausgegangen ist, kann nicht zweifelhaft sein. Dies ergibt sich daraus, dass er in Absatz 1 Satz 1 der Allgemeinen Bestimmungen von "typischen" operativen Leistungen spricht und in Satz 2 bezüglich der Einzelschritte die mangelnde Berechenbarkeit davon abhängig macht, dass sie "methodisch" notwendige Bestandteile der Zielleistung sind. Hieraus sowie aus der sehr differenzierten punktmäßigen Bewertung wird deutlich, dass der Verordnungsgeber bei der Beschreibung der verschiedenen Leistungen ein typisches Bild vor Augen hatte, zu dem nach den Kenntnissen medizinischer Wissenschaft und Praxis ("Methode") ein bestimmter Umfang von Einzelverrichtungen gehört. Es ist zwar so, dass in den verschiedenen Gebührenpositionen die ärztlichen Leistungen eher - als Ziel - plakativ benannt denn beschrieben werden und dass die Art der Ausführung und der verwendeten wissenschaftlichen Methode nicht Bestandteil der Leistungslegende ist. Das rechtfertigt indes nicht - wie es das Berufungsgericht für richtig hält -, die Frage nach dem "methodisch" notwendigen operativen Einzelschritt mehr oder minder unbeantwortet zu lassen. Der Hinweis auf die vom Verordnungsgeber (gleichfalls) gewünschte Verbesserung der Transparenz der Abrechnung ändert hieran nichts, da die Abrechnung schwerlich transparenter sein kann als das Gefüge der im Gebührenverzeichnis enthaltenen ärztlichen Leistungen. Dieses zu ändern - etwa um einer veränderten medizinischen Anschauung Rechnung zu tragen - wäre Sache des Verordnungsgebers. Das Zielleistungsprinzip allein kann nicht dafür in Anspruch genommen werden, vom Verordnungsgeber als selbständig angesehene Leistungen zum Bestandteil einer anderen Leistung zu machen.

 

3.

Gemessen an diesen Grundsätzen kann die besondere Berechnungsfähigkeit der Leistungen nach der Nr. 2975 des Gebührenverzeichnisses nicht verneint werden, während die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der weiteren Gebührenpositionen nicht zu beanstanden ist.

 

a)

Nach den Angaben des Sachverständigen, die beide Vorinstanzen ihrer Entscheidung zugrunde gelegt haben, hat der Kläger die in Nr. 2975 beschriebene Leistung der Dekortikation der Lunge vorgenommen. Der Sachverständige hat hierzu erläutert, die Freilegung von Verwachsungen der Lungenoberfläche sei erforderlich gewesen, um die Entfernung des rechten Lungenoberlappens nach der Nr. 2997 zu ermöglichen. Die Schwartenbildung und die durch starken Nikotingenuss vorhandenen Adhäsionen seien eine eigenständige Indikation für die Freilegung der Lunge gewesen. Demgegenüber sei bei der Entfernung eines Lungenlappens und einer Resektion von Lungensegmenten normalerweise eine Freilegung verwachsener Lungenoberflächen nicht erforderlich.

 

Danach lässt sich zwar nicht in Abrede stellen, dass die Freilegung der Lungenoberfläche medizinisch notwendig war, um die in Aussicht genommene Entfernung des Lungenlappens und die Resektion von Lungensegmenten vorzunehmen. Es mag auch die Auffassung des Beklagten zutreffen, eine Freilegung der Lungenoberfläche wäre unterblieben, wenn die Leistungen nach Nr. 2997 nicht vorgenommen worden wären, so dass eine eigenständige Indikation, die zur Operation geführt hätte, zweifelhaft ist. Der Senat sieht jedoch weder in der Leistungsbeschreibung noch in der Bewertung einen Anhaltspunkt dafür, dass die mit 4.800 Punkten bewertete Leistung nach Nr. 2975 in der mit 5.100 Punkten nur unwesentlich höher bewerteten Leistung nach Nr. 2997 enthalten oder als deren besondere Ausführung im Sinn des § 4 Abs. 2a Satz 1 GOÄ zu behandeln wäre. Auch wenn man noch die in beiden Gebührennummern enthaltenen 1.110 Punkte für die Eröffnung der Brusthöhle berücksichtigt (vgl. Nr. 2990 i.V.m. Absatz 2 der Allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts L), müsste die Freilegung zu mehr als 90 % in der Nr. 2997 enthalten sein, was angesichts der beiden vergleichsweise hoch bewerteten Gebührenpositionen auszuschließen ist. Dann bleibt aber praktisch keine andere Wahl, als in der Leistung nach Nr. 2975 eine selbständige im Sinn des § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ zu sehen.

 

b)

Zu Nr. 3126 des Gebührenverzeichnisses (Intrathorakaler Eingriff am Ösophagus) hat das Berufungsgericht die Auffassung vertreten, die Ablösung und Entfernung der an der Speiseröhre anhaftenden Lymphknoten sei bereits von der Nr. 3013 (Intrathorakaler Eingriff am Lymphgefäßsystem) umfasst. Es hat darüber hinaus - im Rahmen seiner Analyse des Senatsurteils vom 21. Dezember 2006 (III ZR 117/06 - NJW-RR 2007, 494, 497 Rn. 23; insoweit ohne Abdruck in BGHZ 170, 252) - zum Ausdruck gebracht, im vorliegenden Fall liege nicht die Besonderheit vor, dass die streitigen Abrechnungen ein anderes Zielgebiet beträfen. Hiergegen wird von der Revision nichts angeführt. Da der in Nr. 3013 beschriebene Eingriff am Lymphgefäßsystem den Raum der Brusthöhle betrifft und sich nicht auf bestimmte befallene Organe bezieht, hält der Senat die Würdigung, dass diese Gebührenziffer auch Leistungen an der in unmittelbarer Nachbarschaft liegenden und mit dem Eingriff in dieselbe Körperhöhle erreichbaren Speiseröhre mit abdeckt, für rechtsfehlerfrei.

 

c)

Was die zweimalige Berechnung der Neurolyse des Nervus vagus und des Nervus recurrens nach Nr. 2583 angeht, hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht die gesonderte Abrechenbarkeit verneint. Bereits in die Beschreibung dieser Leistung ist der im Hinblick auf § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ an sich überflüssige Zusatz aufgenommen worden, dass die Neurolyse (nur) als selbständige Leistung abrechenbar ist. Der Zusatz gibt aber einen besonderen Hinweis darauf, dass der Verordnungsgeber bei der Beschreibung von Zielleistungen im Auge hatte, dass Neurolysen - gerade im operativen Bereich - wenn auch nicht in jedem Fall, aber typischerweise erforderlich sind, um den Erfolg einer operativen Leistung zu gewährleisten. Es stellt keine für eine selbständige Abrechenbarkeit hinreichende eigenständige Indikation dar, wenn der betreffende Nerv im Zuge der Erbringung der (anderen) Zielleistung geschont und seine Verletzung verhindert werden soll (vgl. Senatsurteil BGHZ 159, 142, 145 f). So verhielt es sich aber nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auch hier.

 

d)

Auch die Freilegung und/oder Unterbindung eines Blutgefäßes in der Brust- oder Bauchhöhle (Nr. 2802) ist - wie die Leistungslegende hervorhebt - nur als selbständige Leistung abrechenbar. Insoweit gelten hierfür ähnliche Überlegungen wie zur Neurolyse oder zur Freilegung eines Blutgefäßes im Halsbereich (vgl. hierzu Senatsurteil BGHZ 159 aaO). Insoweit hat das Berufungsgericht - sachverständig beraten - festgestellt, die Freilegung der Blutgefäße sei erforderlich gewesen, um an die Lymphknoten heranzukommen, die im Zuge einer Leistung nach der Nr. 3013 entfernt werden sollten. Dies ist rechtlich unbedenklich und wird auch von der Revision nicht angegriffen.

 

4.

Danach kann der Kläger von den noch streitigen Positionen lediglich für seine Leistungen nach der Nr. 2975 ein Honorar beanspruchen. Hierfür hat er - insoweit unbeanstandet - das Dreieinhalbfache des Gebührensatzes, das sind 979,23 € und unter Berücksichtigung des Abschlags von 25 % (= 244,81 €) gemäß § 6a Abs. 1 GOÄ 734,42 €, in Rechnung gestellt.

 

Legt man die von den Parteien rechnerisch nicht angegriffenen Berechnungen des Amtsgerichts zugrunde, das von einer vorprozessualen Erfüllung des Beklagten in Höhe von 442,19 € ausgegangen ist, ergibt sich ein möglicher Anspruch des Klägers von 292,23 € nebst Zinsen.

 

Im weiteren Verfahren ist jedoch noch zu klären, ob der Kläger nach Absatz 2 der Allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts L Abschläge in Höhe des Vergütungssatzes nach Nr. 2990 hinzunehmen hat, weil aus der Sicht des Senats auf der Grundlage des Operationsberichts im Raum steht, dass bei mehreren in zeitlichem Zusammenhang durchgeführten Eingriffen in der Brusthöhle (hier nach den Nummern 2975, 2997 und 3013) die Eröffnungsleistung nur einmal berechnet werden darf. Da insoweit noch keine Feststellungen getroffen worden sind und die Parteien sich hierzu gleichfalls noch nicht geäußert haben, ist die Sache insoweit zur weiteren Klärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (zur näheren Berechnung vgl. Brück, Gebührenordnung für Ärzte, 3. Aufl., Stand 7/2006, Abschnitt L Allgemeine Bestimmungen Rn. 3).


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