Feststellungsfähiges Rechtsverhältnis bei Hinweis einer Standesvertretung

 | Gericht:  Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Leipzig  | Aktenzeichen: 8 C 1/09 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Ausübung des zahnärztlichen Berufs , Sonstiges

Urteilstext

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Juni 2007 ergangene Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz wird zurückgewiesen.

 

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Fachzahnärztin für Oralchirurgie mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie. Sie ist Mitglied der beklagten Landeszahnärztekammer und will geklärt haben, ob sie einer berufsrechtlichen Verpflichtung unterliegt, Nachlässe jeglicher Art, die von Herstellern oder Lieferanten auf Implantate gewährt werden, an ihre Privatpatienten weiterzugeben, sofern dabei ein Barzahlungsrabatt von 3 % der Gestehungskosten überschritten wird.

 

Auf eine Anfrage vom 15. September 2005 und eine weitere Nachfrage vom 21. November 2005 äußerte sich die beklagte Landeszahnärztekammer - nach vorheriger Einschaltung der Bundeszahnärztekammer - mit Schreiben vom 25. November 2005 dahingehend, das die erfolgte Anfrage sich in einem Abstimmungsprozess mit anderen Kammern befinde. Aber schon jetzt sei darauf hinzuweisen, dass bei Skonti auf zahntechnische Leistungen der Barzahlungsnachlass, den ein Lieferant oder zahntechnisches Labor aufgrund entsprechender Vereinbarungen dem Zahnarzt für eine unverzügliche Zahlung gewähren kann, zulässig sei. Günstige zahntechnische Preise senkten für den Patienten die Behandlungskosten und könnten an diesen weitergegeben werden. Diese Meinung sei nur die Wiedergabe einer Rechtsansicht, über die die Landeszahnärztekammer noch nicht abschließend entschieden habe.

 

In einem weiteren Schreiben vom 8. Dezember 2005 teilte die beklagte Kammer der Klägerin mit, dass nach der Gebührenordnung dem Zahnarzt/der Zahnärztin als Vergütung Gebühren, Wegegeld und "Ersatz von Auslagen" zustünden und die Rechnung des Zahnarztes/der Zahnärztin gesondert berechnungsfähige Kosten nach Art, Menge und Preis der verwendeten Materialien enthalten müsse. Unter anderem gehörten zu den gesondert berechnungsfähigen Kosten die verwendeten Implantate und Implantatteile. Produktnachlässe seien auch bei Privatbehandlungen an den Patienten weiterzugeben. Alles andere könnte den Tatbestand des Betruges zum Nachteil des Patienten und seiner Erstattungsstellen erfüllen. Auf den Inhalt des Merkblattes der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg wurde Bezug genommen.

 

Die Klage der Klägerin mit dem Antrag,

 

festzustellen, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten kein Rechtsverhältnis besteht, vermöge dessen die Beklagte von der Klägerin verlangen kann, dass diese Nachlässe auf den unverbindlich empfohlenen Bruttoverkaufspreis für Implantate (Rabatte, Naturalrabatte), die sie von Herstellern/Lieferanten von Zahnimplantaten beim Einkauf von Implantaten erhält und die über einen Barzahlungsrabatt in Höhe von 3 % des Rechnungsbetrages hinausgehen, bei der Abrechnung gegenüber Privatpatienten an den jeweiligen Patienten weiterzugeben hat, ohne damit gegen berufsrechtliche Pflichten zu verstoßen,

 

hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 23. Juni 2006 abgewiesen.

 

Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 12. Juni 2007 zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Berufungsgericht insbesondere ausgeführt: Für das Feststellungsbegehren der Klägerin sei der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Mit ihrer Klage gehe es der Klägerin nicht um spezifische Fragen des zahnärztlichen Gebührenrechts, sondern darum, welche Grenzen einem Zahnarzt kraft seines berufsrechtlichen Status im Zusammenhang mit in Aussicht gestellten Rabattvorteilen auf Implantatmaterial gesetzt seien. Damit stritten die Beteiligten erkennbar um den Inhalt berufsrechtlicher Rechtssätze, die als Vorschriften des öffentlichen Rechts von den Verwaltungsgerichten auszulegen seien. Die Feststellungsklage sei gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Es fehle insbesondere nicht an einem hinreichend konkretisierten Rechtsverhältnis. Sowohl zur möglichen Zuwendung von Materialrabatten durch den Hersteller oder Lieferanten an den Zahnarzt als auch zur Weitergabe dieser Zuwendungen vom Zahnarzt an seinen Patienten fänden sich in § 1 Abs. 4 des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde (Zahnheilkundegesetz - ZHG) sowie in § 2 Abs. 1 und Abs. 6 der Berufsordnung für Zahnärzte im Lande Rheinland-Pfalz i.V.m. den §§ 20 bis 23 des Landesgesetzes über die Kammern, die Berufsausübung, die Weiterbildung und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und Tierärzte (Heilberufsgesetz Rheinland-Pfalz - HeilBG-RP) subsumtionsfähige berufsrechtliche Maßstäbe. Über das zutreffende Verständnis dieser rechtlichen Vorgaben und der daraus abzuleitenden Rechtsfolgen bestünden zwischen den Beteiligten beträchtliche Meinungsverschiedenheiten. Während sich die Klägerin berühme, hinsichtlich der Annahme und Einbehaltung solcher Rabatte keinerlei Restriktionen zu unterliegen, bezweifele die Beklagte bereits die Annahmebefugnis der Klägerin und sei der Ansicht, die Klägerin müsse eventuelle Rabattvorteile ihren Privatpatienten zugute bringen. An der Klärung der divergierenden Rechtsstandpunkte habe die Klägerin auch ein berechtigtes Interesse.

 

Die Feststellungsklage habe aber in der Sache keinen Erfolg. Es gehe der Klägerin bei zweckentsprechender Auslegung ihres Antrags vorrangig um die Beantwortung der zeitlich und sachlich vorausliegenden Frage nach ihrer Berechtigung, derartige Preisnachlässe, sofern sie die Bagatellgrenze des früheren § 2 des Rabattgesetzes überschritten, anzunehmen und für sich zu behalten. In dieser modifizierten Form sei die Frage indes eindeutig zu verneinen, weil Zahnärzte kraft ihres berufsrechtlichen Status bereits an der Annahme solcher wirtschaftlichen Vergünstigungen gehindert seien. Das folge ohne Weiteres aus der autonomen berufsrechtlichen Regelung der Beklagten in § 2 Abs. 6 der Berufsordnung für Zahnärzte für das Land Rheinland-Pfalz (BOZ-RP). Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung sei es dem Zahnarzt nicht gestattet, unter anderem für die Empfehlung von Materialien von dem Hersteller oder Händler eine wirtschaftliche Vergünstigung anzunehmen, so dass sich das Problem einer eventuellen Weitergabeverpflichtung von Rabattvergünstigungen nicht stelle. § 2 Abs. 6 BOZ-RP normiere für wirtschaftliche Vergünstigungen ein Annahmeverbot, dessen Tatbestandsvoraussetzungen hier gegeben seien. Die der Klägerin von den Herstellern oder Händlern in Aussicht gestellten Nachlässe auf den Bruttoverkaufspreis für Implantate stellten nach den Erläuterungen der Klägerin im Berufungsverfahren wirtschaftliche Vergünstigungen von beträchtlichem Wert dar. § 2 Abs. 6 BOZ-RP missbillige rechtlich deren Vergabe, weil der Zuwendungsanlass ersichtlich darin bestehe, finanzielle Anreize für die ärztliche Empfehlung eines bestimmten Implantatmaterials zu setzen. Ein solches Prämien- oder Gratifikationssystem begründe die Gefahr, dass der Zahnarzt in die Abhängigkeit der erwerbswirtschaftlichen Interessen der Materialhersteller oder Händler gerate. Dies liege bei einem durchschnittlichen jährlichen Rabattvolumen, das sich nach den Angaben der Klägerin in ihrem Fall auf etwa 81 000 € belaufen könne, ohne Weiteres auf der Hand. In der betrieblichen Wirklichkeit einer zahnärztlichen Praxis könne die Verfügbarkeit eines Geldbetrages dieser Größenordnung aller Erfahrung nach Rücksichtnahmen begründen, denen der Praxisinhaber sich schwerlich entziehen könne. Vielmehr spreche alles dafür, dass der Zwang zur Beibehaltung der einmal erworbenen Gratifikation unwiderstehlich sein werde. Vor solchen Zwangslagen wolle § 2 Abs. 6 BOZ-RP nach seinem Sinn und Zweck den Zahnarzt dadurch bewahrt wissen, dass er bereits der Entstehung von wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnissen vorbeuge. Das berufsrechtliche Unwerturteil über die Erschließung gewerblicher Einkunftsquellen seitens eines Freiberuflers stehe auch mit höherrangigem Recht in Einklang. Es liege insbesondere kein unzulässiger Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit vor.

 

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts rügt.

 

Sie beantragt mit der Maßgabe, dass auch das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 23. Juni 2006 abgeändert wird,

 

das angefochtene Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 12. Juni 2007 - 6 A 11527/06.OVG - abzuändern und festzustellen, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten kein Rechtsverhältnis besteht, vermöge dessen die Beklagte von der Klägerin verlangen kann, dass die Nachlässe auf den unverbindlich empfohlenen Bruttoverkaufspreis für Implantate (Rabatte, Naturalrabatte), die die Klägerin von Herstellern/Lieferanten von Zahnimplantaten beim Einkauf von Implantaten erhält und die über ein Barzahlungsrabatt in Höhe von 3 % des Rechnungsbetrages hinausgehen, bei der Abrechnung gegenüber Privatpatienten an den jeweiligen Patienten weiterzugeben hat, ohne damit gegen berufsrechtliche Pflichten zu verstoßen.

 

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass das Heilberufsgesetz Rheinland-Pfalz keine Ermächtigung enthalte, die es der Beklagten gestatte, die Frage der Annahme- und Einbehaltungsbefugnis oder der Pflicht zur Weitergabe von Nachlässen beim Kauf von Implantaten durch einen Zahnarzt in Satzungsform zu regeln. Das Verbot der Annahme wirtschaftlicher Vergünstigungen sei auch kein Wesenselement der freien Berufe, die ebenso wie gewerbliche Betätigungen von Art. 12 Abs. 1 GG geschützt seien. Vielmehr gehöre zum Wesen eines freien Berufs die Möglichkeit, angemessene Gewinne zu erzielen. Das Berufungsgericht habe verkannt, dass die sich bei der Gewährung von Nachlässen auf Zahnimplantate stellenden Fragen solche des Honorarrechts seien und ihre Regelung damit in die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes falle. Durch die Gleichbehandlung der Honorierung zahnärztlicher Leistungen für Privatpatienten einerseits und Kassenpatienten andererseits sowie durch die Ungleichbehandlung von Zahnärzten gegenüber anderen Wirtschaftsteilnehmern werde überdies der allgemeine Gleichheitssatz verletzt.

 

Die Beklagte tritt der Revision entgegen und beantragt,

 

die Revision zurückzuweisen.

 

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist der Auffassung, dass der Zahnarzt nur die ihm tatsächlich entstandenen Auslagen berechnen könne und er ihm eingeräumte Rabatte an seine Patienten weitergeben müsse.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht auf einer Verletzung von § 43 Abs. 1 VwGO, in dem es zu Unrecht annimmt, die auf vorbeugenden Rechtsschutz gerichtete Feststellungsklage der Klägerin sei zulässig (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Die Entscheidung stellt sich aber im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Deshalb führt die Revision nicht zur Aufhebung des Urteils, sondern zur Abweisung der Klage als unzulässig (1.). Im Übrigen ist die Begründung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung habe, frei von Rechtsfehlern (2.).

 

1.

Die Feststellungsklage ist unzulässig. Es fehlt bereits an einem feststellungsfähigen streitigen Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 VwGO.

 

Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Klägerin begehrt die Feststellung, die Beklagte sei nicht berechtigt, von ihr zu verlangen, Nachlässe auf den unverbindlich empfohlenen Bruttoverkaufspreis für Implantate (Rabatte, Naturalrabatte), die sie von Herstellern/Lieferanten von Zahnimplantaten beim Einkauf von Implantaten erhalte und die über einen Barzahlungsrabatt in Höhe von 3 % des Rechnungsbetrages hinausgingen, bei der Abrechnung gegenüber Privatpatienten an den jeweiligen Patienten weiterzugeben, weil sie andernfalls gegen berufsrechtliche Pflichten verstoße.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (Urteile vom 23. Januar 1992 - BVerwG 3 C 50.89 - BVerwGE 89, 327 <329 f.> = Buchholz 418.711 LMBG Nr. 30 S. 87 f., vom 26. Januar 1996 - BVerwG 8 C 19.94 - BVerwGE 100, 262 <264> = Buchholz 454.9 Mietpreisrecht Nr. 15 S. 2 f. und vom 20. November 2003 - BVerwG 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37). Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss "in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits übersehbaren Sachverhalt streitig" sein (Urteile vom 13. Oktober 1971 - BVerwG 6 C 57.66 - BVerwGE 38, 346 m.w.N. und vom 30. Mai 1985 - BVerwG 3 C 53.84 - BVerwGE 71, 318; Beschluss vom 12. November 1987 - BVerwG 3 B 20.87 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 97). Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt (Urteil vom 23. Januar 1992 a.a.O. S. 330 bzw. S. 88). Um ein in diesem Sinne bereits konkretisiertes streitiges Rechtsverhältnis geht es vorliegend nicht.

 

Die Auslegung des Begriffs "streitiges Rechtsverhältnis" im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO durch das Berufungsgericht steht mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht in Einklang.

 

Das Berufungsgericht meint, es fehle vorliegend nicht an einem hinreichend konkretisierten Rechtsverhältnis, weil zu beiden Aspekten der einschlägigen Problematik, der möglichen Zuwendung von Materialrabatten durch den Hersteller oder Lieferanten an den Zahnarzt und der eventuellen Weitergabe dieser Zuwendungen vom Zahnarzt an seinen Patienten sich in § 1 Abs. 4 Zahnheilkundegesetz vom 27. Januar 1987 sowie in § 2 Abs. 1 und 6 der Berufsordnung für Zahnärzte im Land Rheinland-Pfalz in der Fassung vom 19. November 2005 i.V.m. den §§ 20 bis 23 Heilberufsgesetz vom 20. Oktober 1978 berufsrechtliche Maßstäbe fänden. Über das zutreffende Verständnis dieser rechtlichen Vorgaben bestünden zwischen den Beteiligten beträchtliche Meinungsverschiedenheiten. Die Klägerin berühme sich des Rechts, hinsichtlich der Annahme und Einbehaltung solcher Materialrabatte keinerlei Restriktionen zu unterliegen. Demgegenüber bezweifele die Beklagte bereits die Annahmebefugnis der Klägerin, jedenfalls sei sie gehalten, eventuelle Rabattvorteile ihren Privatpatienten zugute zu bringen.

 

Das Berufungsgericht übersieht mit dieser Annahme, dass sich weder auf der Grundlage des Zahnheilkundegesetzes noch den einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften vorliegend ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten ergibt.

 

a)

Die Frage, ob die Klägerin die ihr beim Bezug von Zahnimplantaten gewährten, über einen Barzahlungsrabatt von 3 % hinausgehenden Nachlässe auf unverbindlich empfohlene Bruttoverkaufspreise nicht an ihre Privatpatienten weitergeben muss, betrifft kein zwischen der Klägerin und der Beklagten bestehendes Rechtsverhältnis, sondern den Umfang der Vergütung, die der Klägerin aus einem Behandlungsvertrag mit einem Privatpatienten zusteht. Die Frage ist auf der Grundlage der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) vom 22. Oktober 1987 (BGBl I S. 2316), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 4. Dezember 2001 (BGBl I S. 3320 <3325>), mit dem darin enthaltenen Gebührenverzeichnis zu beantworten. Die Anwendung und Auslegung der GOZ im Zusammenhang mit Honoraransprüchen erfolgt im Verhältnis Zahnarzt und Patient durch die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Die Beklagte ist daran nicht beteiligt. Die Tatsache, dass sie mit Schreiben vom 8. Dezember 2005 auf eine Anfrage der Klägerin, mit welchen berufsrechtlichen Konsequenzen sie zu rechnen habe, wenn sie die ihr von den Herstellern/Händlern gewährten Preisnachlässe auf die Zahnimplantate nicht an die von ihr behandelten Privatpatienten weitergebe, mitgeteilt hat, die Preisnachlässe müssten an die Patienten weitergegeben werden, alles andere könnte den Tatbestand des Betrugs zum Nachteil des Patienten und seiner Erstattungsstellen erfüllen, genügt für sich genommen nicht, um ein nach § 43 Abs. 1 VwGO feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zu begründen. Das Schreiben der Beklagten vom 8. Dezember 2005 befasst sich allein mit Regelungen der Gebührenordnung für Zahnärzte und klammert die berufsrechtliche Seite aus. So ist die Aussage in dem Schreiben, Produktnachlässe seien auch bei Privatbehandlungen an den Patienten weiterzugeben, als Konsequenz ("daher") der Bestimmungen der Gebührenordnung dargestellt. Der Hinweis auf die Gebührenordnung verdeutlicht, dass sich die Beklagte gegenüber der Klägerin keiner rechtlichen Beziehung berühmen wollte, die sie berechtigt, gegen die Klägerin berufsrechtlich einzuschreiten. Es ging ihr vielmehr lediglich um einen Hinweis, dass möglicherweise der Einbehalt von Produktnachlässen als Betrug zum Nachteil des Patienten und dessen Erstattungsstellen zu sehen sei. Eine eigene rechtliche Bewertung ist mit dieser Einschätzung nicht verbunden.

 

b)

Mögliche rechtliche Beziehungen zwischen der Klägerin und der Beklagten können sich, wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend ausführt, aus dem Heilberufsgesetz Rheinland-Pfalz sowie aus dem darauf beruhenden Satzungsrecht der Beklagten ergeben, namentlich aus der Berufsordnung für Zahnärzte im Land Rheinland-Pfalz vom 19. November 2005. Daraus folgt, dass die Beklagte gegen die Klägerin ein berufsrechtliches Verfahren einleiten, berufsrechtliche Sanktionen verhängen und sonstige berufsrechtliche Maßnahmen erlassen kann, wenn die Klägerin gegen Berufspflichten verstößt (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3, § 43 Abs. 1, § 44, § 64 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 HeilBG-RP; § 29 BOZ-RP). Als allgemeine Berufspflicht bestimmt § 2 Abs. 6 BOZ-RP, dass es dem Zahnarzt nicht gestattet ist, für die Verordnung und Empfehlung von Heil- oder Hilfsmitteln sowie Materialien und Geräten von dem Hersteller oder Händler eine Vergütung oder sonstige wirtschaftliche Vergünstigung zu fordern oder anzunehmen. Gemäß § 15 Abs. 1 BOZ-RP muss die Honorarforderung des Zahnarztes angemessen sein.

 

Die Beklagte hat der Klägerin zu keinem Zeitpunkt mit der Einleitung eines straf- oder berufsrechtlichen Verfahrens gedroht. In diesem Fall wäre ein streitiges feststellungsfähiges Rechtsverhältnis auf der Grundlage der genannten Bestimmungen zu bejahen (Urteile vom 13. Januar 1969 - BVerwG 1 C 86.64 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 31, vom 7. Mai 1987 - BVerwG 3 C 53.85 - BVerwGE 77, 207 und vom 23. Januar 1992 a.a.O.). Soweit sie in ihrem Schreiben vom 8. Dezember 2005 erklärt hat, Produktnachlässe seien auch bei Privatbehandlungen an den Patienten weiterzugeben, alles andere könnte den Tatbestand des Betruges zum Nachteil des Patienten und seiner Erstattungsstellen erfüllen, beinhaltet diese zurückhaltende Formulierung keine Drohung mit einer Strafanzeige oder mit berufsrechtlichen Sanktionen, sondern einen Hinweis, wie das Verhalten der Klägerin bewertet werden könnte. In ihrer Klageerwiderung vom 14. März 2006 hat sie dies auch dahingehend erläutert, sie habe der Klägerin das Risiko und die Tragweite ihrer beabsichtigten Rechnungsstellung gegenüber Privatpatienten vor Augen führen wollen. Die Beklagte hat sich auch erkennbar in diesem Schreiben nicht auf berufsrechtlich mögliche Eingriffsbefugnisse zurückgezogen, um die Klägerin zu einer ordnungsgemäßen Rechnungslegung anzuhalten. Das Schreiben erschöpft sich vielmehr inhaltlich in der generellen Aussage, dass ihrer Auffassung nach Produktnachlässe generell weiterzugeben sind.

 

Nichts anderes folgt aus der Einlassung des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht. Auf Nachfrage des Gerichts hat er berufsrechtliche Maßnahmen für den Fall, dass die Klägerin die ihr eingeräumten Preisnachlässe nicht an ihre Privatpatienten weitergebe, nicht ausschließen können. Er hat aber zugleich betont, dass das berufsrechtliche Verfahren von bestimmten Voraussetzungen abhängig sei, die auf den Einzelfall bezogen berücksichtigt werden müssten. Auch die weitere Einlassung der Beklagten lässt keinen Zweifel daran, dass für sie ein berufsrechtliches Einschreiten erst dann angezeigt ist, wenn die Klägerin nach einer zu ihren Ungunsten ausgegangenen zivilrechtlichen Auseinandersetzung oder im Widerspruch zu einer - bislang fehlenden - gefestigten Zivilrechtsprechung an einer beanstandeten Abrechnungspraxis festhalte. Die Beklagte hat der Klägerin bereits in der ersten Instanz entgegengehalten, dass sich die Klägerin über die Zivilgerichte Klarheit über ihre beabsichtigte Abrechnung mit Privatpatienten verschaffen könne. Diese eindeutige Haltung der Beklagten lässt den Schluss auf ein drohendes berufsrechtliches Einschreiten oder drohende strafrechtliche Schritte (z.B. eine Strafanzeige durch die Beklagte) nicht zu.

 

c)

Die Beklagte hat sich auch nicht einer Stellungnahme zu einer Rechtsfrage enthalten, die in ihren Aufgabenkreis fällt und damit das Entstehen eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO unterlaufen (vgl. Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 43 Rn. 50, 89; Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO, § 43 Rn. 20). Die ihren Aufgabenkreis betreffende Rechtsfrage, ob die Annahme und Einbehaltung der einem Zahnarzt beim Implantateinkauf gewährten Nachlässe eine Berufspflichtverletzung darstellt, hat die Beklagte dahingehend beantwortet, dass eine Einschätzung von der Rechtsprechung der Zivilgerichte zur beabsichtigten Abrechnung abhängt. Erst im Anschluss daran sei eine berufsrechtliche Bewertung möglich. Der Ausspruch einer Verpflichtung in dem von der Klägerin gewünschten Sinne, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, von ihr zu verlangen, Produktnachlässe an die behandelten Privatpatienten weiterzugeben, weil zwischen ihr und der Beklagten kein Rechtsverhältnis bestehe, ist nicht möglich. Die Beklagte nimmt für sich nicht in Anspruch, dass sie beim derzeitigen Erkenntnisstand auf der Grundlage berufsrechtlicher Vorschriften gegen die Klägerin einschreiten kann.

 

Mangels eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO ist die Klage daher unzulässig. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich damit aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil die Klage schon wegen Unzulässigkeit abzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

 

2.

Im Übrigen weist der Senat ergänzend darauf hin, dass die Klage auch in der Sache keinen Erfolg hätte. Gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass § 2 Abs. 6 der BOZ-RP vom 19. November 2005 für wirtschaftliche Vergünstigungen ein Annahmeverbot für Zahnärzte gesetzlich begründe, das die Klägerin für sich nicht gelten lassen möchte, wäre revisionsrechtlich nichts einzuwenden. Die Anwendung und Auslegung von irrevisiblem Landesrecht steht mit Bundesrecht, insbesondere Bundesverfassungsrecht, in Einklang.

 

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine landesrechtliche Vorschrift, die Zahnärzten die Annahme von Preisnachlässen beim Bezug von Implantaten verbietet, nicht deshalb unzulässig, weil es sich bei der Regelung zahnärztlicher Gebühren um eine Materie der konkurrierenden Bundesgesetzgebung für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) handelt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 1984 - 1 BvR 1249/83 u.a. - BVerfGE 68, 319 <327 ff.>) und der Bund von seiner Gesetzgebungsbefugnis Gebrauch gemacht hat. § 2 Abs. 6 BOZ-RP regelt nicht das zahnärztliche Honorar. Die Frage, wie sich der Zahnarzt gegenüber Herstellern und Händlern verhalten muss, liegt außerhalb des Regelungsbereichs des zahnärztlichen Gebührenrechts.

 

Die Klägerin wird auch nicht in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG durch ein Annahmeverbot für Nachlässe auf Zahnimplantate verletzt. Der Auffassung der Klägerin, das Verbot der Annahme wirtschaftlicher Vergünstigungen in Gestalt von Preisnachlässen beim Materialeinkauf in einer Satzung und damit in einer untergesetzlichen Norm verletze den aus dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip hergeleiteten Parlamentsvorbehalt, ist nicht zu folgen. Ungeachtet der Höhe des Volumens der Preisnachlässe von mehr als 80 000 €, das die Klägerin durchschnittlich pro Jahr zu erzielen glaubt, ist § 2 Abs. 6 BOZ-RP nicht als einschneidende, statusbildende Berufsausübungsregelung anzusehen. Da die § 20 Abs. 1, § 23 Abs. 1 HeilBG-RP hinreichende Rahmenregelungen für die Berufsordnung der Beklagten enthalten, kann nicht davon gesprochen werden, dass der Landesgesetzgeber sich seiner Gesetzgebungsbefugnis so weitgehend entäußert hat und seinen Einfluss auf den Inhalt der Satzungsnorm in unzulässiger Weise preisgegeben hätte (vgl. dazu: BVerfG, Beschlüsse vom 9. Mai 1972 - 1 BvR 518/62 u.a. - BVerfGE 33, 125 <159> und vom 13. Juli 2004 - 1 BvR 1298/94 - BVerfGE 111, 191 <216 f.>). Der Landesgesetzgeber hat in § 20 Abs. 1 HeilBG-RP das Verhältnis des Zahnarztes zum Patienten als Vertrauensverhältnis ausgestaltet. § 2 Abs. 6 BOZ-RP stellt nur eine Ausprägung dieses Vertrauensverhältnisses dar.

 

Das Verbot der Annahme wirtschaftlicher Vergünstigungen beruht auch auf sachgemäßen und vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls und ist verhältnismäßig (BVerfG, Beschlüsse vom 31. Oktober 1984 - 1 BvR 35/82 u.a. - BVerfGE 68, 193 <218>, vom 19. November 1985 - 1 BvR 934/82 - BVerfGE 71, 162 <173> und vom 15. Dezember 1999 - 1 BvR 1904/95 u.a. - BVerfGE 101, 331 <347 ff.>). Es soll gewährleistet sein, dass der Zahnarzt sich bei der Verordnung und Empfehlung von Heil- und Hilfsmitteln, Materialien und Geräten allein von medizinischen Erwägungen im gesundheitlichen Interesse des Patienten leiten lässt. Es dient dem Vertrauen des Patienten und der Integrität des Arztes.

 

Eine unverhältnismäßige Belastung des Zahnarztes ist nicht erkennbar. Das Annahmeverbot ist geeignet, das von ihm verfolgte Ziel des Patientenschutzes zu fördern. Es ist erforderlich, um das Ziel zu erreichen. Weniger einschneidende Maßnahmen, wie eine Hinweispflicht gegenüber dem Patienten, ob und in welchem Umfang Nachlässe gewährt werden, stellen kein sicheres Mittel dar, um die zahnärztliche Unabhängigkeit und den Vertrauensschutz der Patienten zu gewährleisten. Die Grenze der Zumutbarkeit ist nicht überschritten.

 

Das Annahmeverbot verletzt auch nicht den Gleichheitssatz, Art. 3 Abs. 1 GG. Eine Ungleichbehandlung von Zahnärzten mit anderen Wirtschaftsteilnehmern, denen es erlaubt ist, beim Sachkauf Preisnachlässe anzunehmen und zu behalten, rechtfertigt sich im Hinblick auf das besondere Vertrauensverhältnis vom Zahnarzt zum Patienten und das Berufsbild (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Mai 1956 - 1 BvF 3/53 - BVerfGE 5, 25 <30>). Art. 3 Abs. 1 GG gebietet in Ansehung der sozialen und medizinischen Schutzbedürftigkeit der Angehörigen der gesetzlichen Krankenversicherung auch nicht zwischen diesen und Privatpatienten bei der Annahme von Preisnachlässen zu differenzieren. Beide Patientengruppen haben in gleicher Weise ein Anrecht darauf, dass der sie behandelnde Zahnarzt sich bei der Auswahl des Materials in erster Linie von medizinischen Gesichtspunkten leiten lässt.


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