Adhäsive Aufbaufüllung/Wundverschlussplastik

 | Gericht:  Verwaltungsgericht (VG) Augsburg  | Aktenzeichen: Au 2 K 17.1291 | Entscheidung:  Urteil
Kategorie Gebühren

Urteilstext


Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.

II.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


Tatbestand

1.
Der Kläger begehrt von der Beklagten weitere Beihilfeleistungen zum Ersatz von Aufwendungen für zahnärztliche Behandlungen.

Der 1955 geborene Kläger ist Ruhestandsbeamter der ... .

Mit Formblatt vom 31. Dezember 2016 beantragte der Kläger bei der ... Krankenkasse u. a. die Erstattung einer im Auftrag des Universitätsklinikums ... - Klinik für Zahnärztliche Prothetik (Ärztlicher Direktor) - erstellten Rechnung vom 8. Dezember 2016 i. H. v. EUR 3.160,23. Die Rechnung enthielt u. a. folgende Positionen:

Rechnung

 

DatumGeb.-Ziff.FaktorAnz.BetragBeschreibungBegründung
08.08.16GOZ 2120a3,52EUR 303,14Restauration m. Kompositmaterial in Adhäsivtechnik, mehr als dreifl. entsprechend § 6.1 GOZ für ie dentinadhäsive Aufbaufüllung in Mehrschichttechnik9902
40903,55EUR 177,15Lappenop. einschl. Osteoplastik, Frontz.9903
          4100        3,5   1 EUR  54,13Lappenop. einschl. Osteoplastik, Seitenz.9904
GOÄ 23823,53EUR 452,31Schwierige Hautlappenplastik9905
GOÄ 4431,01EUR 43,72Zuschlag bei ambulanter Operation-
§ 10 GOÄ-3EUR 46,98Materialien-Auslage nach § 10 GOÄ-
22.08.1640903,52EUR 70,86Lappenop. einschl. Osteoplastik, Frontz.9906
41003,51EUR 54,13Lappenop. einschl. Osteoplastik, Seitenz.9907
GOÄ 23823,52EUR 301,54Schwierige Hautlappenplastik9905
GOÄ 4431,01EUR 43,72Zuschlag bei ambulanter Operation-
GOZ 2120a3,51EUR 151,57 -9902
Restauration m. Kompositmaterial in Adhäsivtechnik, mehr als dreifl. entsprechend § 6.1 GOZ für die dentinadhäsive Aufbaufüllung in Mehrschichttechnik; Trepanation nach Abschluss der Stumpfrekonstruktion
§ 10 GOÄ-2EUR 31,32 Materialien-Auslagenach § 10 GOÄ-

9902: Erhöhter Zeitaufwand, erhöhte Schwierigkeit bei umfangreich kariös zerstörten Zähnen mit unzureichender Retentionsform und Gestaltung einer CAD/CAM-gerechten Stumpfgeometrie.

9903: Erhöhter Zeitaufwand, erhöhte Schwierigkeit wegen komplexer Knochenmorphologie und subgingivaler Präparationsgrenze.

9904: Erhöhter Zeitaufwand, erhöhte Schwierigkeit wegen komplexer Knochen- und Wurzelmorphologie bei engen Platzverhältnissen im Molarenbereich.

9905: Erhöhter Zeitaufwand, erhöhte Schwierigkeit bei plastischer PAR-Chirurgie mit mikrochirurgischer, papillenerhaltender Schnittführung und mikrochirurgischer Lappenplastik

9906: Erhöhter Zeitaufwand, erhöhte Schwierigkeit wegen komplexer Knochenmorphologie.

9907: Erhöhter Zeitaufwand, erhöhte Schwierigkeit wegen komplexer Knochenmorphologie und geringer interradikulärer Distanz.

2.
Mit Bescheid der ... Krankenkasse vom 16. Januar 2017 wurden daraufhin gegenüber dem Kläger insoweit Leistungen i. H. v. EUR 585,39 (Krankenversicherung) sowie i. H. v. EUR 1.365,90 (Beihilfe) festgesetzt. Ausweislich der beigefügten Erstattungsübersicht wurde hinsichtlich der zahnärztlichen Rechnung vom 8. Dezember 2016 (EUR 3.160,23) ein Gesamtbetrag von EUR 1.951,29 als erstattungsfähig angesehen (Krankenversicherung: EUR 585,39; Beihilfe: EUR 1.365,90). Dementsprechend wurde ein Differenzbetrag von insgesamt EUR 1.208,94 (Beihilfeanteil: EUR 846,26) als nicht erstattungsfähig erachtet. Ausweislich der Begründung habe der in der Rechnung erfolgte analoge Ansatz der Gebührenziffer GOZ 2120 für Leistungen am 8. August 2016 nicht berücksichtigt werden können, da eine analoge Abrechnung ausschließlich für nicht in der GOZ aufgeführte Leistungen vorgenommen werden dürfe; die vorliegenden Leistungen seien jedoch richtigerweise unter die Gebührenziffern GOZ 2180 und 2197 zu subsumieren. Zudem wurde um Nachricht gebeten, warum eine Hautlappenplastik (GOÄ 2382; 8.8.2016) berechnet worden sei; dies sei bei zahnärztlichen Leistungen in der Regel nicht notwendig. Überdies wurde um Übersendung zweier in der zahnärztlichen Rechnung in Bezug genommenen Laborrechnungen (Materialien-Auslage nach § 10 GOÄ) gebeten. Zudem wurde hinsichtlich der analogen Abrechnung der Gebührenziffer GOZ 2120 für Leistungen am 22. August 2016 darauf hingewiesen, dass man auch insoweit die Gebührenziffern GOZ 2180 und 2197 angesetzt habe; denn bei einem nach einer Wurzelkanalbehandlung erforderlichen Zahnaufbau sei für den sog. postendodontischen Aufbau die Berechnung der Gebührenziffern GOZ 2180 - und ggf. GOZ 2197 - angemessen.

Hiergegen legte der Kläger mit Telefax vom 19. Januar 2017 Widerspruch ein und bat um ergänzende Informationen, wie sich der insgesamt nicht erstattete Differenzbetrag von EUR 1.208,94 im Einzelnen zusammensetze.

Mit Schreiben vom 2. Februar 2017 erläuterte die ... Krankenkasse dem Kläger das Zustandekommen des nicht erstatteten Differenzbetrags. Sie ging hierbei von folgenden Daten aus (Krankenversicherung und Beihilfe):

 

RechnungErstattungsb.
DatumGeb.-ZifferFaktorAnz.BetragGeb.-ZifferFaktorAnz.Betrag
08.08.16GOZ 2120a3,52EUR 303,14 GOZ 2180/21973,52EUR 110,24
GOÄ 23823,53EUR 452,31----
GOÄ 4431,01EUR 43,72----
§ 10 GOÄ--EUR 46,98----
22.08.16GOÄ 23823,52EUR 301,54----
GOÄ 4431,01EUR 43,72----
GOZ 2120a3,51EUR 151,57GOZ 2180/21973,51EUR 55,12
§ 10 GOÄ--EUR 31,32----

Die ... Krankenkasse teilte mit, dass mit den abgerechneten Gebührenziffern GOZ 4090 und 4100 die paradontalchirurgische Therapie im subgingivalen Bereich in einem offenen Verfahren abgegolten sei; eine zusätzliche Abrechnung der Gebührenziffer GOÄ 2382 sei nicht nachvollziehbar, es wurde ggf. um nähere Angaben gebeten. Da die Gebührenziffer GOÄ 2382 nicht abrechenbar sei, entfalle auch der Zuschlag nach der Gebührenziffer GOÄ 443. Eine Abrechnung analog der Gebührenziffer GOZ 2120 sei nicht zulässig, da die in Rede stehenden Leistungen von der Gebührenziffer GOZ 2180 („Vorbereitung eines zerstörten Zahns mit plastischem Aufbaumaterial zur Aufnahme einer Krone") umfasst sei;

der Mehraufwand bei der adhäsiven Befestigung eines plastischen Aufbaumaterials sei nach der Gebührenziffer GOZ 2197 („Adhäsive Befestigung - plastischer Aufbau, Stift, Inlay, Krone, Teilkrone, Veneer etc.") zu berechnen. Hinsichtlich der Material-Auslagen nach § 10 GOÄ seien diese nach Art und Einzelpreis aufzuschlüsseln, ggf. vorliegende Laborrechnungen seien einzureichen.

Mit Telefax vom 14. Februar 2017 übersandte der Kläger zwei Stellungnahmen des Abrechnungsunternehmens, das die Rechnung vom 8. Dezember 2016 ausgestellt hatte.

In der Stellungnahme des Abrechnungsunternehmens vom 11. Januar 2017 wurde u. a. ausgeführt, dass vorliegend beim Kläger an den Zähnen 12 und 43 am 8. August 2016 sowie am Zahn 37 am 22. August 2016 adhäsive Aufbaufüllungen in Mehrschichttechnik für die Stumpfrekonstruktion durchgeführt worden seien; die adhäsive Stumpfrekonstruktion stelle eine eigenständige Leistung dar, welche nicht durch eine Gebührenziffer in der Gebührenordnung aufgeführt sei (§ 6 Abs. 1 GOZ). Daher sei im Einklang mit der Rechtsprechung ein analoger Ansatz der Gebührenziffer GOZ 2120 erfolgt (vgl. AG Schöneberg, U. v. 5.5.2015 - 18 C 65/14; AG Charlottenburg, U. v. 8.5.2014 - 205 C 13/12). Die adhäsiven Aufbaufüllungen in Mehrschichttechnik seien zudem aufgrund der umfangreich kariös zerstörten Zähne sehr schwierig gewesen. Es sei keine ausreichende Retentionsform mehr vorhanden gewesen, die Zahnstümpfe hätten mit einer CAD-CAM-gerechten Stumpfgeometrie neu gestaltet werden müssen. Der hierbei entstandene Mehraufwand rechtfertige den Ansatz des Faktors 3,5 (vgl. § 10 Abs. 3 GOZ). Zur Gebührenziffer GOÄ 2382 war ausgeführt, dass die Hautlappenplastiken am 8. August 2016 und 22. August 2016 sehr schwierig und zeitintensiv gewesen seien, da es notwendig gewesen sei, mikrochirurgische papillenerhaltende Schnittführungen sowie mikrochirurgische Lappenplastiken bei der plastischen PAR-Chirurgie durchzuführen.

In der Stellungnahme des Abrechnungsunternehmens vom 8. Februar 2017 wurde die Abrechnung der Materialien-Auslagen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GOÄ näher erläutert. Die abgerechneten pauschalen Kosten seien die im Nebenkostentarif der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG-NT) angegebenen besonderen Kosten zu der nach der Gebührenziffer GOÄ 2382 abgerechneten Leistung. Der größte Teil der Chefärzte führe Abgaben für Sachkosten nach dem DKG-NT ab.

Mit Schreiben vom 15. Februar 2017 teilte die ... Krankenkasse dem Kläger mit, dass die Erstattungsfähigkeit der inmitten stehenden Positionen auch im Lichte der übersandten Stellungnahmen des Abrechnungsunternehmens nicht geklärt sei. Hinsichtlich der Gebührenziffer GOÄ 2382 sei lediglich eine Begründung für den erhöhten Abrechnungsfaktor 3,5 gegeben worden, jedoch nicht für die Notwendigkeit der Maßnahmen an sich. Hinsichtlich der Kosten für Materialauslagen nach § 10 GOÄ gelte, dass diese im Zusammenhang mit der weiterhin nicht dargelegten Abrechnungsfähigkeit der Gebührenziffer GOÄ 2382 stehe; zudem sei jedenfalls eine schriftliche Stellungnahme des Chefarztes erforderlich, in der dieser das Bestehen eines Vertrags mit dem Krankenhaus, der ihm eine Abgabe von Kosten nach Spalte 4 DKG-NT vorschreibe, bestätige. Es sei daher beabsichtigt, die Abrechnung durch einen Gutachter überprüfen zu lassen.

Unter dem Datum des 22. Februar 2017 legte der durch die ... Krankenkasse befasste Gutachter - ein Arzt für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie aus ... - sein Gutachten vor. Er gelangte zu dem Ergebnis, dass ein analoger Ansatz der Gebührenziffer GOZ 2120 vorliegend nicht möglich sei; es habe eine Abrechnung nach den Gebührenziffern GOZ 2180 und 2197 zu erfolgen. Zwar sei die analoge Anwendung der Gebührenziffer GOZ 2120 auf die „dentinadhäsive Aufbaufüllung in Mehrschichttechnik für die Stumpfrekonstruktion" strittig. Jedoch stünden richtigerweise für diese Leistung die Gebührenziffern GOZ 2180 („Vorbereitung eines zerstörten Zahns mit plastischem Aufbaumaterial zur Aufnahme einer Krone") und GOZ 2197 („Adhäsive Befestigung - plastischer Aufbau, Stift, Inlay, Krone, Teilkrone, Veneer etc.") zur Verfügung (§ 6 Abs. 1 GOZ). Nach der Kommentarliteratur beinhalte die Gebührenziffer GOZ 2180 „die Vorbereitung eines durch umfangreiche Hartsubstanzdefekte geschädigten Zahnes, um für eine Kronenpräparation genügend Substanz herzustellen."; der Mehraufwand einer dentinadhäsiven Technik gegenüber einer konventionellen Klebung werde durch die Gebührenziffer GOZ 2197 abgebildet. Die in der inmitten stehenden Rechnung erwähnte „Mehrschichttechnik" sei als besondere Ausführung der Leistungen nach den Gebührenziffern GOZ 2180 und 2197 anzusehen und müsse nicht gesondert berücksichtigt werden (§ 4 Abs. 2 Satz 1 GOZ). Eine Abrechnung nach den Gebührenziffern GOÄ 2382 und GOÄ 443 sei ebenfalls nicht möglich; hier seien die Gebührenziffern GOZ 4120 und GOZ 0500 anzusetzen. Der Ansatz der Gebührenziffer GOÄ 2382 (Schwierige Hautlappenplastik oder Spalthauttransplantation) sei im Rahmen einer paradontalchirurgischen Therapie (Lappenoperation/offene Kürettage nach GOZ 4090 und 4100) für die „mikrochirurgischen, papillenerhaltenden Schnittführungen, sowie mikrochirurgischen Lappenplastiken bei der plastischen PAR-Chirurgie" (siehe Stellungnahme des Abrechnungsunternehmens v. 11.1.2017) nicht möglich. Sowohl der (mikro-)chirurgische Zugang als auch der Wundverschluss seien bereits mit den Hauptleistungen nach den Gebührenziffern GOZ 4090/4100 abgegolten (siehe GOZ - Allgemeine Bestimmungen - Teil D). Mit der paradontalchirurgischen Zielleistung „offene Kürettage" nach den Gebührenziffern GOZ 4090/4100 („Lappenoperation, offene Kürettage einschließlich Osteoplastik an einem Seitenzahn, je Parodontium") sei gemäß den Abrechnungsbestimmungen zum Abschnitt E. die Reposition des Zugangslappens in seine ursprüngliche Lage abgegolten. Eine eigenständige Indikation für eine Lappenplastik im Zusammenhang mit der PAR-Chirurgie sei aus der Rechnungslegung und der Stellungnahme des Abrechnungsunternehmens nicht ersichtlich. Die besondere Ausführung der Zielleistung GOZ 4090/4100 („mikrochirurgisch, papillenerhaltend") sei nicht gesondert berechnungsfähig (§ 4 Abs. 2 Satz 2 GOZ). Sollte vorliegend - etwa aufgrund einer Auffüllung von paradontalen Defekten wegen der Volumenzunahme - eine Verlagerung des Zugangslappens nicht in seine ursprüngliche Lage erfolgt sein, so sei die Gebührenziffer GOZ 4120 („Verlegen eines gestielten Schleimhautlappens, je Kieferhälfte und Frontzahnbereichs") - und nicht die Gebührenziffer GOÄ 2382 - heranzuziehen (vgl. auch Kommentierung Bundesärztekammer zu GOZ 4120). Dies ergebe sich auch aus der Systematik, da die Gebührenziffer GOZ 4120 im Bereich der für die Parodontologie vorgesehenen Leistungsziffern der GOZ stehe (Abschnitt E: Leistungen bei Erkrankung der Mundschleimhaut und des Parodonti- ums). Ein Rückgriff auf die GOÄ sei hier gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 5 GOZ bzw. § 6 Abs. 1 GÖA nicht möglich. Die Auslagen seien nicht berechnungsfähig. Grund hierfür sei, dass vorliegend keine operativen Leistungen über die GOÄ abgerechnet werden könnten; gemäß § 4 Abs. 3 und 4 GOZ seien mit den Gebühren die Materialkosten abgegolten, da im Gebührenverzeichnis für die berechneten Gebührenpositionen (GOZ 4090 und 4100) nichts anderes bestimmt sei.

3.
Mit Bescheid der ... Krankenkasse vom 28. Februar 2017 wurden daraufhin unter Aufhebung des Erstattungsbescheids vom 16. Januar 2017 Nacherstattungen i. H. v. EUR 77,68 (Krankenversicherung) und EUR 181,27 (Beihilfe) festgesetzt. Ausweislich der beigefügten Erstattungsübersicht wurde hinsichtlich der zahnärztlichen Rechnung vom 8. Dezember 2016 (EUR 3.160,23) nunmehr ein Gesamtbetrag von EUR 2.210,24 als erstattungsfähig angesehen (Krankenversicherung: EUR 663,07; Beihilfe: EUR 1.547,17). Dementsprechend wurde ein Differenzbetrag von insgesamt EUR 949,99 (Beihilfeanteil: EUR 664,99) weiterhin als nicht erstattungsfähig erachtet. Dem Bescheid war das eingeholte Gutachten vom 22. Februar 2017 beigefügt. Ferner wurde in einer Anlage der Bescheid nochmals anhand der einzelnen Gebührenpositionen und anhand der Ergebnisse des Gutachtens erläutert. Hier wurde insbesondere ausgeführt, dass statt der Gebührenziffer GOÄ 2382 jeweils die Gebührenziffer GOZ 4120 zum Ansatz kommen müsse (Anzahl: 5; Faktor: 3,5); statt der Gebührenziffer GOÄ 443 sei für den Zuschlag sodann die Gebührenziffer GOZ 0500 einschlägig. Statt der analogen Anwendung der Gebührenziffer GOZ 2120 seien jeweils die Gebührenziffern GOZ 2180 und 2197 anzusetzen (Anzahl: 3; kein erhöhter Faktor). Die Auslagen seien nicht berechnungsfähig; gemäß § 4 Abs. 3 und 4 GOZ seien mit den Gebühren die Materialkosten abgegolten, da im Gebührenverzeichnis für die berechneten Gebührenpositionen (GOZ 4090 und 4100) nichts anderes bestimmt sei.

Hiergegen legte der Kläger mit Telefax vom 7. April 2017 Widerspruch ein.Zur Begründung führte er an, dass das Abrechnungsunternehmen offenbar das Ergebnis des Gutachtens vom 22. Februar 2017 vollumfänglich anzweifele. Beigefügt war ein entsprechendes Schreiben des Abrechnungsunternehmens vom 4. April 2017.Hierin wurde u. a. ausgeführt, dass die Gebührenziffer GOÄ 2382 richtigerweise auch im Bereich der Mundschleimhaut - und nicht nur im Bereich der Außenhaut - ansetzbar sei. Der maßgebliche Wortlaut der Gebührenziffer enthalte keine entsprechende Einschränkung. Eine Anwendung auch im Bereich der intraoralen Schleimhaut sei auch in der Kommentarliteratur zur Gebührenziffer GOÄ 2382 (Liebold/Raff/Wissing) angesprochen. Eine schwierige Hautlappenplastik nach GOÄ 2382 sei nach der Kommentarliteratur (Liebold/Raff/Wissing) auch nicht mit dem Verlegen eines gestielten Schleimhautlappens (GOZ 4120) gleichzusetzen. Während bei der Leistung nach der Gebührenziffer GOZ 4120 ein bereits vorhandener gestielter Schleimhautlappen nicht in seiner ursprünglichen Position reponiert, sondern verlagert eingebracht werde, würden bei der Leistung nach GOÄ 2382 mehrere Schleimhautteile aufwändig in ihrer Lage zueinander bewegt. Der Zugriff auf die Gebührenziffer GOÄ 2382 (Abschnitt L VII der GOÄ) sei zudem gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 5 GOZ ausdrücklich gestattet. Im Übrigen wurden die Rechtsauffassungen aus den bisherigen Stellungnahmen aufrechterhalten.

Mit Schreiben vom 24. April 2017 teilte die ... Krankenkasse dem Kläger mit, dass nach Aktenlage weiterhin keine Erstattungsfähigkeit gegeben sei; es wurde Gelegenheit gegeben, den Widerspruch zurückzunehmen. Daraufhin teilte der Kläger mit Telefax vom 29. April 2017 mit, dass die ... Krankenkasse bislang nicht zu den umfangreichen Einwendungen des Abrechnungsunternehmens im Schreiben vom 4. April 2017 Stellung genommen habe. Der Widerspruch sei auch nicht etwa verfristet, er habe die Stellungnahme des Abrechnungsunternehmens vom 4. April 2017 unverzüglich nach Erhalt an die ... Krankenkasse weitergeleitet.

Mit Schreiben vom 4. Mai 2017 teilte die ... Krankenkasse daraufhin dem Kläger mit, dass trotz Verfristung des Widerspruchs ausnahmsweise eine Nachbegutachtung der Rechnung vom 8. Dezember 2016 in Auftrag gegeben werde.

Daraufhin nahm der bereits zuvor befasste Arzt für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie aus ... in einem ergänzenden Gutachten vom 10. Mai 2017 zur Problematik Stellung. Hinsichtlich der Gebührenziffer GOÄ 2382 (Schwierige Hautlappenplastik oder Spalthauttransplantation) sei aus fachlicher Sicht weiterhin nicht klar, für welche selbständige Leistung diese im Rahmen einer paradontalchirurgischen Therapie (Lappenoperation/offene Kürettage, GOZ 4090/4100) in Ansatz gebracht worden ist. Es fehle weiterhin die Angabe einer eigenständigen Indikation für die Lappenplastik (z. B. Deckung eines Schleimhautdefekts oder einer Rezession, Beseitigung/Reduktion einer pathologischen Zahnfleischtasche etc.). Die „mikrochirurgische, papillenerhaltende Schnittführung" sei Bestandteil und besondere Ausführung der Zielleistung nach GOZ 4090/4100 (Lappenoperation/offene Kürettage) selbst und daher nicht zusätzlich abrechenbar. Es seien vorliegend auch keine paradontalen Knochendefekte aufgefüllt worden, so dass kein Weichgewebsdefizit entstanden sei, welches eine vollständige Lappenplastik zusätzlich zur Reposition des Zugangslappens medizinisch erforderlich gemacht hätte, bei der „mehrere Schleimhautteile aufwändig in ihrer Lage zueinander bewegt werden". Soweit eine Verlagerung des Zugangslappens - mithin keine Reponierung an seine ursprüngliche Position - erfolge, stehe hierfür die Gebührenziffer GOZ 4120 zur Verfügung. Hinsichtlich der analogen Berechnung von Gebührenziffer GOZ 2120 wiederholte der Gutachter seine Ausführungen aus dem Vorgutachten zur Einschlägigkeit der Gebührenziffern GOZ 2180 und 2197. Auch nach der Kommentierung praxisrelevanter Analogberechnungen des Verbandes der privaten Krankenversicherung (Stand: 27.10.2016) entspreche der dentinadhäsive Aufbau nicht der dentinadhäsiven Füllung und sei daher nicht wie diese nach den GOZ 2060, 2080, 2100 oder 2120 analog berechnungsfähig (vgl. auch AG Neukölln, U. v. 29.8.2011 - 7 C 106/11). Die durch das Abrechnungsunternehmen zitierten Urteile seien insoweit zwar anderer Auffassung; aller-dings hätten die Gerichte in einem Fall die analoge Gebührenziffer GOZ 2120 nur mit dem Faktor 2,3 angesetzt, im anderen Fall hätten sie nicht die analoge Gebührenziffer GOZ 2120, sondern die niedriger bewertete analoge Gebührenziffer GOZ 2100 herangezogen. Im Ergebnis enthielt das Gutachten die Empfehlung, statt der Gebührenziffer GOÄ 2382 (Faktor 3,5) die Gebührenziffer GOZ 4120 (Faktor 3,5) anzusetzen; die Gebührenziffer GOZ 2120 könne zwar analog herangezogen werden, jedoch nur mit dem Faktor 2,3 (statt 3,5).

Mit Telefax vom 23. Mai 2017 übersandte der Kläger eine ergänzende Stellungnahme des Abrechnungsunternehmens vom 22. Mai 2017. In dieser wurde ausgeführt, dass nach dem Kommentar der Bundeszahnärztekammer zur Gebührenziffer GOZ 2180 der mehrschichtige Aufbau verlorengegangener Zahnhartsubstanz mit Kompositmaterial in Adhäsivtechnik einschließlich Lichthärtung zur Vorbereitung der Aufnahme einer Krone nicht unter die Gebührenziffern GOZ 2180 und ggf. 2197 falle, sondern analog zu berechnen sei. Auch die Kommentierung von Liebold/Raff/Wissing zur Gebührenziffer GOZ 2180 führe zu Dentinadhäsiven Rekonstruktionen in Mehrschichttechnik aus, dass der Verord-nungsgeber im Rahmen der GOZ-Reform 2012 bei den Füllungsleistungen eine Unter-scheidung zwischen althergebrachter Technik und moderner Fülltechnik in Adhäsivtechnik mit Kompositen vorgenommen habe; beim Aufbau mit plastischem Material sei eine Unterscheidung zwischen gewöhnlichen „Aufbaufüllungen" (etwa mit Zementen) und erheblich aufwendigeren Aufbau-Füllungslagen in schrittweiser Mehrschichttechnik mit Kompositen jedoch nicht erfolgt. Daher sei nach der Kommentierung eine Analogberechnung gemäß § 6 Abs. 1 GOZ vorzunehmen. Auf die bereits zitierte Rechtsprechung wurde verwiesen. Hinsichtlich des Ansatzes der Gebührenziffer GOÄ 2382 wurde auf die Kommentierung von Liebold/Raff/Wissing zur genannten Gebührenziffer verwiesen, wonach beispielsweise der Papillenrekonstruktionslappen bei ungenügendem Angebot an fixierter Schleimhaut und gleichzeitig fehlender approximaler Gingiva eine schwierige Hautlappenplastik i. S. v. Gebührenziffer GOÄ 2382 darstelle. Auch die Kommentierung der Dentalen-Abrechnungsinformations-Systeme zum Papillenerhaltungslappen gebe an, dass die Gebührenziffer GOÄ 2382 je Papille heranzuziehen sei; bei - wie im Fall des Klägers - zusätzlich erfolgter offener Kürettage könnten die Gebührenziffern GOZ 4090 und/oder 4100 neben der Gebührenziffer GOÄ 2382 angesetzt werden.

Mit weiterem Telefax vom 23. Mai 2017 übersandte der Kläger eine Stellungnahme der Bezirkszahnärztekammer ... vom 18. Mai 2017. Hierin wurde hinsichtlich der Frage einer Analog-Berechnung nach GOZ 2120 der Auffassung des Abrechnungsunternehmens beigepflichtet. Eine dentinadhäsive Aufbaufüllung sei nicht in der GOZ beschrieben und daher analog abzurechnen. Zur Begründung wurde auf die Entscheidung des AG Charlottenburg (U. v. 8.5.2014 - 205 C 13/12) sowie auf die Kommentierung der Bundeszahnärztekammer verwiesen. Zum Ansatz der Gebührenziffer GOÄ 2382 wurde ebenfalls die Auffassung des Abrechnungsunternehmens geteilt; es wurde auf die Kommentierung bei Liebold/Raff/Wissing verwiesen. Die Gebührenziffer GOÄ 2382 sei dann ansatzfähig, wenn eine spezielle Lappenbildung mit Verschiebung von Weichgewebe erforderlich ist, d.h. ein üblicher Wundverschluss nicht möglich sei. Eine Lappenverschiebung könne bei einer Kronenverlängerung als selbständige Leistung erforderlich sein, wenn die Kronenverlängerung nicht nur die in der Gebührenziffer GOZ 4136 erwähnte Osteoplastik oder Tunnelierung beinhaltet. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass nach Rücksprache mit dem Behandler des Klägers Kronenverlängerungen durchgeführt worden seien, die richtigerweise nach der Gebührenziffer GOZ 4136 abzurechnen seien. Zudem sei der Zuschlag aus der Gebührenziffer GOÄ 443 („Ambulantes Operieren") sowie der Zuschlag aus der Gebührenziffer GOÄ 440 („Operationsmikroskop") zusätzlich abrechenbar. Es wurde angekündigt, dass der Kläger eine geänderte Rechnung erhalte.

Daraufhin nahm der bereits zuvor befasste Arzt für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie aus ... in einem ergänzenden Gutachten vom 30. Mai 2017 nochmals zur Problematik Stellung. Hierin wiederholte der Gutachter seine bisherigen Ausführungen zur Nichtansetzbarkeit der Gebührenziffer GOÄ 2382. Zur analogen Anwendung der Gebührenziffer GOZ 2120 wiederholte der Gutachter seine Ausführungen aus dem Gutachten vom 22. Februar 2017 zur Einschlägigkeit der Gebührenziffern GOZ 2180 und 2197. Im Ergebnis enthielt das Gutachten die Empfehlung, statt der Gebührenziffer GOÄ 2382 (Faktor 3,5) die Gebühren-ziffer GOZ 4120 (Faktor 3,5) anzusetzen; die Gebührenziffer GOZ 2120 (Faktor 3,5) könne nicht analog herangezogen werden, sondern sei durch die Gebührenziffern GOZ 2180 und 2197 (Faktor 3,5) zu ersetzen.

Mit Telefax vom 14. Juni 2017 legte der Kläger der ... Krankenkasse die zwischenzeitlich erhaltene neue Rechnung des Abrechnungsunternehmens vom 11. Juni 2017 vor und bat um weitere Bearbeitung. Die neue Rechnung wies einen Gesamtbetrag von EUR 3.159,91 aus. Statt Leistungen der Gebührenziffern GOZ 4090 und 4100 („Lappenop. Einschl. Osteoplastik, Frontz./Seitenz.") wurden für den 8. August 2016 und 22. August 2016 nunmehr Leistungen der Gebührenziffer GOZ 4136 („Osteoplastik, Kronenverlängerung") abgerechnet. Für 8. August 2016 und 22. August 2016 wurde nunmehr zudem jeweils zusätzlich die Gebührenziffer GOÄ 440 (jeweils EUR 23,31) abgerechnet. Die zwischen den Beteiligten zuvor streitigen Abrechnungspositionen waren auf der Rechnung weiterhin enthalten.

4.
Der Widerspruch des Klägers wurde schließlich mit Widerspruchsbescheid der ... Krankenkasse vom 24. Juli 2017 - zugestellt per Postzustellungsurkunde am 28. Juli 2017 - zurückgewiesen.

In der Begründung wurde auf die Argumentation der eingeholten Gutachten abgestellt. Die vorgelegten Stellungnahmen des Abrechnungsunternehmens und auch der Bezirkszahnärztekammer ... gäben keinen Anlass, von einer Erstattungsfähigkeit der inmitten stehenden Positionen auszugehen. Im Einzelnen wurde darauf hingewiesen, dass der Ansatz der Gebührenziffer GOÄ 2382 (GOÄ-Abschnitt „Chirurgie der Körperoberfläche") im Rahmen einer parodontalchirurgischen Therapie nicht möglich sei. Für Wundverschlussplastiken in der Zahnheilkunde komme die Gebührenziffer GOÄ 2382 gebührenrechtlich nicht in Betracht, da hierunter Plastiken im Bereich der Epidermis (Außenhaut) - und nicht im Bereich der vollständig mit Mukosa (Schleimhaut) ausgekleideten Mundhöhle - abgerechnet würden. Auch im Zusammenhang mit der nunmehr abgerechneten paradontologischen Leistung aus der Gebührenziffer GOZ 4136 - ebenso wie zuvor im Kontext der Gebührenziffern GOZ 4090/4100 - sei zudem die der angesetzten Gebührenziffer GOÄ 2382 zugrunde liegende Leistung nicht nachvollziehbar. Die Begründung „mikrochirurgischen, papillenerhaltenden Schnittführungen, sowie mikrochirurgischen Lappenplastiken bei der plastischen PAR-Chirurgie" (Stellungnahme des Abrechnungsunternehmens v. 11.1.2017) sei insoweit keine Grundlage. Für die hier erbrachten Maßnahmen stehe letztlich die Gebührenziffer GOZ 4120 („Verlegen eines Schleimhautlappens, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich") zur Verfügung, so dass kein Rückgriff auf die Gebührenziffer GOÄ 2382 zulässig sei. Die Zuschläge aus den Gebührenziffern GOÄ 440 und 443 seien nicht abrechnungsfähig, da auch die Gebührenziffer GOÄ 2382 nicht ansatzfähig sei. Da in der geänderten Rechnung nunmehr die nicht zuschlagsfähige Gebührenziffer GOZ 4136 zum Ansatz komme, sei auch der zuvor zu den Leistungen nach den Gebührenziffern GOZ 4090/4100 angesetzte Zuschlag aus der Gebührenziffer GOZ 0500 nicht mehr möglich. Die zur Leistung nach der Gebührenziffer GOÄ 2382 angesetzten Sachkosten seien nicht erstattungsfähig, da auch die Gebührenziffer GOÄ 2382 nicht ansatzfähig sei. Nach § 4 Abs. 3 und 4 GOZ seien mit den Gebühren die Materialkosten abgegolten, da in der Gebührenziffer GOZ 4136 nichts anderes bestimmt sei. Eine Erklärung des Chefarztes, dass ein Vertrag mit dem Krankenhaus besteht, der ihm die Abgabe von Kosten nach Spalte 4 DKG-NT vorschreibt, sei nicht vorgelegt worden. Soweit es die Analogberechnung der Gebührenziffer GOZ 2120 angehe, so seien insoweit ausweislich der Gutachten richtigerweise die Gebührenziffern GOZ 2180 und 2197 einschlägig; hiervon sei auch der Verordnungsgeber ausgegangen, da im Zuge der Novellierung 2012 die dentinadhäsiv befestigte oder ggf. mehrfach geschichtete Aufbaufüllung keine gesonderte Berücksichtigung in der GOZ gefunden habe. Anderslautende Auffassungen seien nicht von Belang.

Der Widerspruchsbescheid ging unter Berücksichtigung der geänderten Rechnung vom 11. Juni 2017 nunmehr u. a. von folgenden Daten aus (Krankenversicherung und Beihilfe):

 

RechnungErstattungsb.
DatumGeb.-ZifferFaktorAnz.BetragGeb.-ZifferFaktorAnz.Betrag
08.08.16GOZ 2120a3,52EUR 303,14GOZ 2180/21973,52EUR 110,24
GOÄ 23823,53EUR 452,31GOZ 41203,53EUR 162,39
GOÄ 440    1,01EUR 23,31----
GOÄ 443    1,01EUR 43,72 ----
§ 10 GOÄ--EUR 46,98----
22.08.16GOÄ 23823,52EUR 301,54GOZ 413,52EUR 108,26
GOÄ 440    1,01EUR 23,31   ----
GOÄ 4431,01EUR 43,72----
GOZ 2120a3,51EUR 151,57GOZ 2180/21973,51EUR 55,12
§ 10 GOÄ--EUR 31,32----

5.
Am 24. August 2017 hat der Kläger Klage erhoben. Beantragt ist (sinngemäß),

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids der ... Krankenkasse vom 28. Februar 2017 und ihres Widerspruchsbescheids vom 24. Juli 2017 zu verpflichten, dem Kläger weitere Beihilfeleistungen i. H. v. EUR 664,77 zzgl. Zinsen i. H. v. 5 v. H. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die geänderte Rechnung vom 11. Juni 2017 über zahnärztliche Leistungen i. H. v. EUR 3.159,91 sei korrekt. Insoweit werde auf die Stellungnahmen des Abrechnungsunternehmens sowie der Bezirkszahnärztekammer ... aus dem Verwaltungsverfahren verwiesen. Es bestehe nach alledem gegenüber der Beklagten ein Beihilfeanspruch des Klägers i. H. v. EUR 2.211,94 (70 v. H.). Hiervon seien bisher jedoch lediglich EUR 1.547,17 geleistet worden. Die Klage richte sich auf den offenen Differenzbetrag.

6.
Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Insoweit werde auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid sowie auf die vorgelegte Verwaltungsakte verwiesen.

7.
Mit Schriftsätzen vom 20. September 2017 bzw. 27. September 2017 haben die Beteiligten auf mündliche Verhandlung verzichtet.

8.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht über die vorliegende Verwaltungsstreitsache ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage hat keinen Erfolg.

1.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung weiterer Beihilfeleistungen i. H. v. EUR 664,77 zzgl. Zinsen i. H. v. 5 v.H. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Der Kläger ist als Ruhestandsbeamter Versorgungsempfänger und damit beihilfeberechtigt nach § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG. Beihilfefähig sind nach § 80 Abs. 3 Nr. 1 BBG grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen in Krankheits- und Pflegefällen. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage maßgeblich, die zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfen verlangt werden, gegeben war (BVerwG U.v. 30.4.2009 - 2 C 127.07 - juris Rn. 7; U. v. 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21). Danach findet für die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen aus dem August 2016 die auf Grundlage von § 80 Abs. 4 BBG erlassene Verordnung über Beihilfe in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (Bundesbeihilfeverordnung - BBhV) vom 13. Februar 2009 (BGBl. I 2009, S. 326), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Juli 2015 (BGBl. I S. 1368), Anwendung.

Nach § 14 Satz 1 BBhV sind Aufwendungen für ambulante zahnärztliche und kieferorthopädische Untersuchungen und Behandlungen nach Maßgabe des § 6 BBhV grundsätzlich beihilfefähig. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV sind beihilfefähig grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen. Gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 BBhV sind wirtschaftlich angemessen grundsätzlich Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen, wenn sie dem Gebührenrahmen der Gebührenordnungen für Zahnärzte (GOZ) entsprechen. Liegt keiner der in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - 5 BBhV genannten Fälle (u. a. zahnloser Ober- oder Unterkiefer) vor, sind gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 BBhV bei implantologischen Leistungen nach Abschnitt K der Anlage zur GOZ die Aufwendungen für höchstens zwei Implantate je Kiefer - einschließlich vorhandener Implantate, zu denen Beihilfen oder vergleichbare Leistungen aus öffentlichen Kassen gewährt wurden - beihilfefähig.

Unter Berücksichtigung obiger Vorgaben und Grundsätze hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung weiterer Beihilfeleistungen i. H. v. EUR 664,77. Grund hierfür ist, dass gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 BBhV die Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen nur insoweit wirtschaftlich angemessen sind, als sie dem Gebührenrahmen der Gebührenordnungen für Zahnärzte (GOZ) entsprechen. Insoweit gilt jedoch, dass die Beklagte den vom Kläger vorliegend begehrten Mehrbetrag zu Recht nicht erstattet hat, da die streitgegenständliche Abrechnung in der geänderten Rechnung des Abrechnungsunternehmens vom 11. Juni 2017 nicht dem Gebührenrahmen der GOZ entspricht.

a)
Soweit es die vorliegend beim Kläger an den Zähnen 12 und 43 am 8. August 2016 sowie am Zahn 37 am 22. August 2016 zur Vorbereitung der Aufnahme einer Krone durchgeführten adhäsiven Aufbaufüllungen in Mehrschichttechnik für die Stumpfrekonstruktion betrifft (siehe Stellungnahme des Abrechnungsunternehmens v. 11.1.2017, Blatt 15 der Verwaltungsakte), gilt, dass insoweit zu Recht kein analoger Ansatz der Gebührenziffer GOZ 2120 über § 6 Abs. 1 GOZ vorgenommen wurde; die Aufwendungen sind vielmehr nach den Gebührenziffern GOZ 2180 und 2197 abzurechnen. Der diesbezügliche Selbstbehalt des Klägers i. R. d. Beihilfe von EUR 202,55 ist daher rechtlich nicht zu beanstanden.

aa)
Die Gebührenziffer GOZ 2120 lautet „Präparieren einer Kavität und Restauration mit Kompositmaterialien, in Adhäsivtechnik (Konditionieren), mehr als dreiflächig, gegebenenfalls einschließlich Mehrschichttechnik, einschließlich Polieren, gegebenenfalls einschließlich Verwendung von Inserts". Die Gebührenziffer GOZ 2180 lautet „Vorbereitung eines zerstörten Zahnes mit plastischem Aufbaumaterial zur Aufnahme einer Krone", die Gebührenziffer GOZ 2197 „Adhäsive Befestigung (plastischer Aufbau, Stift, Inlay, Krone, Teilkrone, Veneer etc.)".

Der Begriff Adhäsivtechnik wird in der GOZ als Oberbegriff für die Schmelz-Dentin-Adhäsiv-Technik und die Schmelz-Adhäsiv-Technik verwendet (amtl. Begründung, BR-Drs. 566/11 v. 21.9.2011, S. 54).

Bei der nach Inkrafttreten der GOZ 1988 entwickelten Schmelz-Dentin-Adhäsiv-Technik muss der Zahnarzt einen wesentlich höheren Aufwand als bei der Herstellung einer gewöhnlichen Amalgam- oder Zementfüllung betreiben. Die mit Schmelz-Dentin-Adhäsiv-Säure-Ätz-Mehrschichttechnik gefertigte Kompositrestauration bedarf im Unterschied zur herkömmlichen "direkten" Restauration einer sehr sorgfältigen Trockenlegung des Arbeitsfeldes, einer aufwändigen Oberflächenbehandlung der Kavität zumeist in mehreren Einzelschritten, einer aufwändigen Fülltechnik in mehreren Schichten und einer aufwändigeren Matrizentechnik, um straffe Kontaktpunkte zum Nachbarzahn zu erzielen. Die Schmelz- Dentin-Adhäsiv-Methode stellt in der Handhabung für den Praktiker eine viel größere Herausforderung als das herkömmliche "schlichte" Füllen oder Zementieren eines Zahnes mit einem wie auch immer gearteten nicht adhäsiven Material dar. So bedarf es während des Legens einer adhäsiv befestigten Füllung oder während der Eingliederung einer laborgefertigten adhäsiv zu befestigenden Restauration (z. B. Inlay, Krone oder Brücke aus Keramik) eines sehr guten "Managements der Trockenlegung". Die Einbringung geht in der Regel mit einer sogenannten Mehrschritttechnik einher, die mindestens drei Arbeitsschritte umfasst. Dabei besteht hinsichtlich dieses Aufwands kein Unterschied, ob es sich um eine (Einlage)Füllung oder eine Aufbaufüllung eines Zahnes handelt oder nicht (siehe zum Ganzen: VG Arnsberg, U. v. 28.6.2011 - 13 K 620/11 - juris Rn. 38 - 44).

Hiervon ausgehend wurde in der Rechtsprechung zur GOZ 1988 vertreten, dass die genannte Behandlungstechnik aufgrund ihres höheren Zeit-, Material und Arbeitsaufwands nicht dem Leistungsinhalt der Gebührenziffer GOZ 218 a. F. entspreche und daher eine Analogberechnung nach § 6 Abs. 2 GOZ 1988 i. V. m. GOZ 214-217 a. F. vertretbar sei (vgl. VG Arnsberg, U. v. 28.6.2011 - 13 K 620/11 - juris Rn. 45 - 48; AG Frankfurt, U.v. 11.7.2007 - 29 C 2147/03 - 21; vgl. allg. auch VGH BW, U.v. 20.8.2012 - 2 S 1001/12 - juris Rn. 16; BayVGH, B. v. 12.7.2010 - 14 BV 09.809 - juris Rn. 18).

bb)
Zur Abrechnung der hier in Rede stehenden Behandlungstechnik nach der GOZ 2012 wird zwar vertreten, dass diese weiterhin gemäß § 6 Abs. 1 GOZ analog abzurechnen sei. Der mehrschichtige Aufbau mit Kompositmaterial in Adhäsivtechnik einschließlich Lichthärtung sei eine Leistung, die sich fachlich in ihrem Charakter derart von den in den Gebührenziffern GOZ 2180 und 2197 enthaltenen Leistungen unterscheide, dass es sich um eine nicht in der GOZ beschriebene Leistung handele. Die Gebührenziffer GOZ 2180 sei wie die bis zur GOZ-Novelle 2012 geltende wortgleiche Gebührenziffer GOZ 218 a. F. derart auszulegen, dass diese als plastisches Aufbaumaterial nur Phosphat- oder Glasionomerzement umfasse; die deutlich kosten-, material- und zeitaufwändigere und daher nicht vergleichbare mehrschichtige Adhäsivtechnik sei hingegen nicht umfasst (vgl. AG Frankfurt, U. v. 11.7.2007 - 29 C 2147/03-21 - zu GOZ 218 a. F.). Hierbei sei auch zu bedenken, dass im Leistungstext der Gebührenziffer GOZ 2180 - anders als bei den Gebührenziffern GOZ 2060, 2080, 2100 und 2120 - weder die Adhäsivtechnik an sich noch die besondere Ausführung in Mehrschichttechnik erwähnt sei. Zudem umfasse auch die Gebührenziffer GOZ 2197 zwar die Adhäsiv-, jedoch nicht die Mehrschichttechnik. Auch sei eine angemessene Vergütung über die Gebührenziffern GOZ 2180 und 2197 selbst bei erhöhten Steigerungssätzen nicht darstellbar. Dies werde bereits aus dem niedrigen addierten Wert von 280 P. deutlich (GOZ 2180 und 2197), während bereits eine einflächige Kompositrestauration in Adhäsivtechnik nach Gebührenziffer GOZ 2060 mit 527 P. bewertet sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (U. v. 13.5.2004 - III ZR 344/03 - juris) sei jedoch dann, wenn durch medizinische Weiterentwicklung eine angemessene Vergütung nicht mehr gewährleistet sei, eine analoge Abrechnung zulässig, der Arzt könne insoweit auch nicht auf Möglichkeit einer abweichenden Individualvereinbarung mit dem Patienten über die Gebührenhöhe nach § 2 GOZ verwiesen werden (vgl. zum Ganzen: AG Schöneberg, U.v. 5.5.2015 - 18 C 65/14; AG Charlottenburg, U. v. 8.5.2014 - 205 C 13/12; BZAEK, Kommentar zur GOZ, Stand 12/2017, Nr. 2180, S. 75, abrufbar unter www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/goz/nov/goz-kommentar-bzaek.pdf; BZAEK, Ausschuss Gebührenrecht, Positionspapier v. 20.6.2014, S. 3 f.; ZÄK Berlin, Stellungnahme v. 29.3.2017, S. 2 f.).

cc)
Der genannten Auffassung folgt das Gericht jedoch nicht. Denn für die inmitten stehende Behandlungstechnik finden richtigerweise die Gebührenziffern GOZ 2180 und 2197 Anwendung.

Insoweit gilt, dass der Wortlaut der Leistungsbeschreibung von Gebührenziffer GOZ 2180 („plastisches Aufbaumaterial") umfassend ist, d. h. hierunter fällt grundsätzlich jedes plastische Material - auch Kompositkunststoff (vgl. Raff, DFZ 05/2015, S. 56 f.; AG Neukölln, U.v. 29.8.2011 - 7 C 106/11). Auch die historische Auslegung spricht für dieses Ergebnis, da mit der GOZ-Novelle 2012 das Gebührenverzeichnis der GOZ gerade an die medizinische und technische Entwicklung angepasst werden sollte (amtl. Begründung, BR-Drs. 566/11 v. 21.9.2011, S. 1). Aus dem Umstand, dass der Verordnungsgeber im Rahmen der GOZ-Novelle 2012 bei den plastischen Füllungen im Leistungstext ausdrücklich zwischen der Ausführung ohne (GOZ 2050, 2070, 2090 und 2110) und mit (GOZ 2060, 2080, 2100 und 2120) Verwendung von Kompositmaterialien in ggf. mehrschichtiger Adhäsivtechnik unterschieden hat (vgl. amtl. Begründung, BR-Drs. 566/11 v. 21.9.2011, S. 53), folgt überdies, dass der Verordnungsgeber die genannte Technik gekannt hat und diese nur in den ausdrücklich genannten Fällen (GOZ 2060, 2080, 2100 und 2120) besonders hat vergüten wollen. Gegen eine Analogie spricht zudem, dass es sich bei der Gebührenziffer GOZ 2180 um eine vorbereitende Maßnahme für eine Kronenversorgung handelt, während bei Gebührenziffer GOZ 2120 die (definitive) Füllung das eigentliche Leistungsziel ist. Zudem ist im Rahmen der GOZ-Novelle 2012 die Gebührenziffer GOZ 2197 gerade angesichts der zwischenzeitlich erfolgten fortgeschrittenen technischen Entwicklung der Adhäsivtechniken und -materialien geschaffen worden, um diesen Fortschritt - insbesondere einen Mehraufwand für eine adhäsive Befestigung plastischen Aufbaumaterials i.S.d. Gebührenziffer GOZ 2180 (amtl. Begründung, BR-Drs. 566/11 v. 21.9.2011, S. 54) - auch gebührentechnisch abzubilden. Soweit es die Mehrschichttechnik anbetrifft, so handelt es sich hierbei lediglich um eine besondere Ausführung der in der Gebührenziffer GOZ 2197 enthaltenen Leistung, die gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 GOZ nicht gesondert berechnet werden darf (vgl. zum Ganzen: AG Düsseldorf, U.v. 21.1.2016 - 27 C 3179/14 - juris Rn. 34; U. v. 1.7.2016 - 25 C 2953/14; PKV, Kommentierung praxisrelevanter Analogabrechnungen, Stand 19.12.2017, S. 27 f., abrufbar unter www.pkv.de/w/files/goz-kommentierungfaq/kommentierung-praxisrelevanter-analogabrechnungen.pdf; Esser, DZW 10/2017, 19).

Soweit es das Argument einer fehlenden Angemessenheit der zahnärztlichen Vergütung im Falle der Anwendung der Gebührenziffern GOZ 2180 und 2197 betrifft, so berechtigt eine solche für sich genommen nicht zu einer Analogberechnung. Maßgeblich für eine Analogberechnung ist vielmehr, dass die in Rede stehende Leistung eine andere als die im Leistungsverzeichnis beschriebene ist und nicht nur eine besondere Ausführung der letzteren. Denn es ist es Sache des Verordnungsgebers, darüber zu befinden, wie (zahn-)ärztliche Leistungen, ggf. auch unter Berücksichtigung nach Erlass der Verordnung einge-tretener Veränderungen des technischen Standards oder der Fortentwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse, zu bewerten sind. Eine Bindung an die Verordnung besteht nur dann nicht, wenn sie wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht - etwa Art. 3 GG oder Art. 12 GG - nichtig ist (vgl. zum Ganzen: BGH, U. v. 13.5.2004 - III ZR 344/03 - juris Rn. 17/24). Für die Annahme eines verfassungswidrigen Zustands, soweit die Angemessenheit der Vergütung in Rede steht, fehlt es jedoch vorliegend an ausreichend begründeten und nachvollziehbaren Darlegungen. Hierfür genügt insbesondere nicht die bloße Gegenüberstellung von Punktwerten nach der Gebührenziffer GOZ 2120a einerseits und den Gebührenziffern GOZ 2180 und 2197 andererseits (vgl. BGH, U.v. 13.5.2004 - III ZR 344/03 - juris Rn. 18 f.).

dd)
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass die analoge Abrechnung der inmitten stehenden Behandlungstechnik nach der Gebührenziffer GOZ 2120 jedenfalls objektiv vertretbar sei.

(1)
Aufwendungen für ärztliche oder zahnärztliche Leistungen, deren Berechnung auf einer zweifelhaften Auslegung der einschlägigen Gebührenordnung beruht, sind beihilferechtlich bereits dann als angemessen anzusehen, wenn der vom Arzt in Rechnung gestellte Betrag bei objektiver Betrachtung einer zumindest vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entspricht und der beihilfepflichtige Dienstherr nicht rechtzeitig für Klarheit über seine Auslegung gesorgt hat (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U. v. 19.10.2017 - 2 C 19.16 - juris Rn. 17).

Dieser Vertretbarkeitsmaßstab folgt aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten. Ihm liegt die Erwägung zugrunde, dass objektive Unklarheiten der Gebührenordnung nicht zulasten des Beihilfeberechtigten gehen sollen, indem dieser vor die Wahl gestellt wird, entweder auf eigenes Risiko eine rechtliche Auseinandersetzung über die objektiv zweifelhafte Rechtsposition zu führen oder den an sich auf die Beihilfe entfallenden Anteil des zweifelhaften Rechnungsbetrages selbst zu tragen. Allerdings ist in der Regel davon auszugehen, dass die Gebührensätze der ärztlichen Gebührenordnungen - insbesondere durch die gegebenen Erläuterungen - eindeutig sind und sowohl von der Beihilfestelle als auch vom Gericht ohne weiteres mit eindeutigem Ergebnis ausgelegt werden können. Objektiv zweifelhafte Gebührenvorschriften, bei denen es ernsthaft widerstreitende Meinungen über die Berechtigung des Gebührenansatzes geben kann, sind demgegenüber der Ausnahmefall (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U. v. 19.10.2017 - 2 C 19.16 - juris Rn. 18).

Diese Erwägungen greifen jedoch nur durch, soweit auch der Dienstherr es bei der Unklarheit belassen und nicht durch konkrete, veröffentlichte Hinweise auf die gebührenrechtliche Zweifelsfrage und seinen Rechtsstandpunkt dazu den Beihilfeberechtigten Gelegenheit gegeben hat, sich vor der Inanspruchnahme der Behandlung auf diesen Rechtsstandpunkt einzustellen und sich ggf. dem Arzt oder Zahnarzt gegenüber darauf zu berufen. Denn die Dienstherren können auch und gerade bei zweifelhaftem Inhalt der Gebührenordnungen ein berechtigtes Interesse daran haben, bestimmten häufiger wiederkehrenden, von ihnen als überhöht angesehenen Gebührenforderungen von Ärzten oder Zahnärzten an Beihilfeberechtigte entgegenzutreten und ggf. eine rechtliche Klärung herbeizuführen, wenn sie dies - etwa wegen des finanziellen Umfangs der sich zu der betreffenden Streitfrage summierenden Einzelbeträge - für zweckmäßig erachten. Hierzu steht zwar den Dienstherren - anders als den einzelnen Beihilfeberechtigten - insbesondere die Möglichkeit offen, die Bundesregierung als Verordnungsgeber auf häufiger auftretende Zweifelsfragen anzusprechen und in diesen Punkten auf eindeutige Regelungen in der Verordnung hinzuwirken. Aber auch solange und soweit solche Regelungen nicht erreicht werden, kann den Dienstherren die Möglichkeit der rechtlichen Klärung dann nicht abgesprochen werden, wenn sie selbst für rechtzeitige Klarheit über ihren Rechtsstandpunkt gesorgt und die Beihilfeberechtigten Gelegenheit gehabt haben, sich darauf einzustellen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U. v. 19.10.2017 - 2 C 19.16 - juris Rn. 19).

(2)
Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze ist eine analoge Abrechnung der inmitten stehenden Behandlungstechnik nach der Gebührenziffer GOZ 2120 jedoch bereits nicht objektiv vertretbar. Denn ein besonderer Ausnahmefall objektiv zweifelhafter Gebührenvorschriften, bei denen es ernsthaft widerstreitende Meinungen über die Berechtigung des Gebührenansatzes geben kann, ist nicht gegeben. Vielmehr sind die jeweiligen Gebührenziffern hinreichend klar und können - wie ausgeführt - sowohl von der Beihilfestelle als auch vom Gericht ohne weiteres mit eindeutigem Ergebnis ausgelegt werden. Der bloße Umstand, dass in Rechtsprechung und/oder Literatur auch abweichende Meinungen vertreten werden, steht dem nicht entgegen, da dieser für sich genommen nichts über die inhaltliche Richtigkeit oder auch nur rechtliche Vertretbarkeit dieser Auffassungen aussagt.


b)
Auch soweit die Beklagte im Fall des Klägers jeweils den Ansatz der Gebührenziffer GOÄ 2382 verneint und insoweit die Gebührenziffer GOZ 4120 herangezogen hat (Selbstbehalt i. R. d. Beihilfe: EUR 338,24), ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die fehlende Ansatzfähigkeit der Zuschläge aus den Gebührenziffern GOÄ 440 und 443 (Selbstbehalt i. R. d. Beihilfe: EUR 97,40) sowie der Materialkosten aus § 10 GOÄ (Selbstbehalt i. R. d. Beihilfe: EUR 54,81).

aa)
Die Gebührenziffer GOÄ 2382 (Abschnitt „VII. Chirurgie der Körperoberfläche") lautet „Schwierige Hautlappenplastik oder Spalthauttransplantation". Als Lappenplastiken werden operative plastisch-chirurgische Techniken bezeichnet, die (Haut-)Gewebe von einer (entbehrlichen) Stelle des gleichen Individuums an eine neue gewünschte Stelle bringen (siehe de.wikipedia. org/wiki/Lappenplastik). Von Gebührenziffer GOÄ 2382 werden vollständige Lappenplastiken umfasst (vgl. Raff, Abrechnung plastischer Parodontaltherapien, ZWP 3/2016, S. 46; VG Ansbach, U. v. 8.12.2010 - AN 15 K 09.1488 - juris Rn. 56). Eine vollständige Lappenplastik ist dadurch gekennzeichnet, dass nicht nur ein vorhandener Hautlappen verlegt, sondern der betreffende Hautlappen zuvor auch ärztlich gebildet wird (vgl. Zahnärztekammer Niedersachsen, FAQ zur GOZ (II), Januar 2013, abrufbar unter zkn.de/fileadmin/user_upload/praxis-und-team/praxisfuehrung/gebuehrenordnung/FAQ_zur_GOZ_II.pdf )

Die Gebührenziffer GOZ 4120 (Abschnitt E. „Leistungen bei Erkrankungen der Mundschleimhaut und des Parodontiums", „Allgemeine Bestimmungen") lautet „Verlegen eines gestielten Schleimhautlappens, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich" Es handelt sich um das Verlegen eines - z. B. im Zusammenhang mit einer offenen Lappenoperation nach GOZ 4090/4100 („Lappenoperation, offene Kürettage einschließlich Osteoplastik an einem Seiten/-Frontzahn, je Parodontium") - vorhandenengestielten Schleimhautlappens, wenn der - ursprünglich nur als Zugangslappen dienende - Schleimhautlappen nicht in die ursprüngliche Position reponiert, sondern apikal, koronal oder lateral verlegt wird. Unter einem gestielten Schleimhautlappen versteht man ein durch Entlastungsschnitte mobilisiertes Gewebestück der Mundschleimhaut, das durch eine Gewebsbrücke mit der übrigen Mundschleimhaut verbunden ist. Je nach Operationstechnik unterscheidet man den Verschiebe- oder Rotationslappen. Gemeinsam haben beide Techniken, dass der Lappen von seiner ursprünglichen Position an eine andere Stelle (Lokalisation des Defekts) verlegt wird. Er kommt zum Einsatz in der Mukogingivalchirurgie, meist bei der Rezessionsdeckung (Behandlung bei Zahnfleischrückgang; vgl. zum Ganzen: VG Köln, U. v. 8.7.2013 - 19 K 6797/12 - juris Rn. 34 f. m. w. N. - zu GOZ 412 a.F.; Raff, Abrechnung plastischer Parodontaltherapien, ZWP 3/2016, S. 46; PKV, Kommentar zur GOZ, Stand 19.12.2017, GOZ Nr. 4120, S. 144, abrufbar unter www.pkv.de/w/files/goz-kommentierungfaq/gebuehrenteil.pdf; BZAEK, Kommentar zur GOZ, Stand 12/2017, Nr. 4120, S. 152, abrufbar unter www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/goz/nov/goz-kommentar-bzaek.pdf.

Zur Abgrenzung der Gebührenziffern GOÄ 2382 und GOZ 4120 gilt, dass im zahnärztlichen Bereich grundsätzlich nur die Gebührenziffer GOZ 4120 Anwendung findet. Denn die Gebührenziffer GOÄ 2382 bezieht sich ausweislich der Abschnittsbezeichnung („VII. Chirurgie der Körperoberfläche") systematisch auf die Körperoberfläche und nicht etwa auf den Mundraum; überdies sind auch in der GOZ chirurgische Leistungen enthalten (siehe etwa GOZ 3000 ff.). Allenfalls in besonderen Einzelfällen, in denen ein über den Tatbestand der Gebührenziffer GOZ 4120 hinausgehender Leistungsinhalt gegeben ist, der auch nicht von einer sonstigen Gebührenziffer der GOZ - etwa GOZ 3100, 4090, 4100 oder 9100 - umfasst ist, kann daher über § 6 Abs. 2 Nr. 5 GOZ ein ausnahmsweiser Ansatz der Gebührenziffer GOÄ 2382 gerechtfertigt sein, sofern deren Tatbestand - nicht nur Verlegen eines (vorhandenen) Schleimhautlappens, sondern zuvor auch Bildung des Schleimhautlappens - gegeben ist (vgl. zum Ganzen: VG Köln, U. v. 8.7.2013 - 19 K 6797/12 - juris Rn. 36-38 m. w. N. - zu GOZ 412 a. F.; VG Ansbach, U.v. 8.12.2010 - AN 15 K 09.1488 - juris Rn. 56; AG Köln, U. v. 24.11.2015 - 146 C 113/14 - juris Rn. 53; vgl. hierzu auch Beschluss Nr. 25 des GOZ-Beratungsforums der Bundeszahnärztekammer, des Verbands der Privaten Krankenversicherung und der Beihilfestellen, abrufbar unter www.pkv.de/w/files/goz-kommentierungfaq/beschluesseberatungsforum.pdf .)

bb)
Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze ist die Gebührenziffer GOÄ 2382 vorliegend nicht ansetzbar.

Das Gericht hat bereits grundsätzliche Zweifel, ob die für chirurgische Maßnahmen im Bereich der Epidermis (Außenhaut) geltende Gebührenziffer GOÄ 2382 für zahnärztliche Leistungen in der vollständig mit Mukosa (Schleimhaut) ausgekleideten Mundhöhle überhaupt Anwendung finden kann (vgl. PKV, Kommentar zur GOZ, Stand 19.12.2017, Allg. Bestimmungen zu Abschnitt D. - Chirurgische Leistungen, S. 78, abrufbar unter www.pkv.de/w/files/goz-kommentierungfaq/gebuehrenteil.pdf. Jedenfalls jedoch fehlen vorliegend hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen der besonderen Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise die Gebührenziffer GOÄ 2382 im Rahmen einer paradontalchirurgischen Therapie zur Anwendung gelangen könnte, so dass die Beklagte insoweit im Ergebnis zu Recht einen Ansatz der Gebührenziffer GOÄ 2382 verneint hat.

Denn insoweit ist in der Stellungnahme des Abrechnungsunternehmens vom 11. Januar 2017 (Blatt 16 der Verwaltungsakte) lediglich im Kontext der Begründung einer Schwellenwertüberschreitung aus § 10 Abs. 3 GOZ ausgeführt, dass die am 8. August 2016 und 22. August 2016 abgerechneten Hautlappenplastiken sehr schwierig und zeitintensiv gewesen seien, da es notwendig gewesen sei, mikrochirurgische papillenerhaltende Schnittführungen sowie mikrochirurgische Lappenplastiken bei der plastischen PAR-Chirurgie durchzuführen. Der Stellungnahme des Abrechnungsunternehmens vom 22. Mai 2017 (Blatt 60 der Verwaltungsakte) ist zudem zu entnehmen, dass im Fall des Klägers eine „papillenerhaltende/rekonstruierende Lappenplastik" indiziert gewesen sei; zur Begründung wird auf eine Kommentierung verwiesen, nach der der Papillenrekonstruktionslappen bei ungenügendem Angebot an fixierter Schleimhaut und gleichzeitig fehlender approximaler Gingiva eine schwierige Hautlappenplastik i. S. v. GOÄ 2382 darstelle.

Aus den genannten, vom Kläger in Bezug genommenen Stellungnahmen ergibt sich jedoch bereits nicht hinreichend eindeutig, ob und ggf. inwieweit in seinem Fall überhaupt eine vollständige Lappenplastik im Sinne des Leistungstatbestands der Gebührenziffer GOÄ 2382 durchgeführt worden ist. Unabhängig davon wird jedenfalls nicht hinreichend dargelegt bzw. erläutert, aus welchen Gründen im Fall des Klägers im Rahmen einer paradontalchirurgischen Therapie eine solche vollständige Lappenplastik vorliegend medizinisch eigenständig indiziert gewesen sein soll. Auf die insoweit fehlende hinreichende Konkretisierung hat auch der durch die Beklagte befasste Gutachter mehrfach hingewiesen, etwa in seinen Stellungnahmen vom 10. Mai 2017 und 30. Mai 2017 (Blatt 53 und 68 der Verwaltungsakte). Auch die Stellungnahme des Abrechnungsunternehmens vom 22. Mai 2017 (Blatt 60 der Verwaltungsakte) führt insoweit nicht weiter; denn hier wird eine medizinische Indikation lediglich pauschal unter Bezugnahme auf eine Kommentarstelle behauptet, ohne jedoch auf den maßgeblichen Einzelfall des Klägers näher einzugehen (vgl. zum Ganzen: VG Köln, U. v. 8.7.2013 - 19 K 6797/12 - juris Rn. 36 - 38).

Mangels Ansatzfähigkeit der Gebührenziffer GOÄ 2382 konnten auch die Zuschläge aus den Gebührenziffern GOÄ 440 und 443 nicht zum Ansatz gebracht werden (vgl. AG Köln, U. v. 24.11.2015 - 146 C 113/14 - juris Rn. 54). Gleiches gilt für die nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GOÄ abgerechneten Materialkosten (8.8.2016: EUR 46,98; 22.8.2016: EUR 31,32), da sich diese ebenfalls auf die Leistung nach GOÄ 2382 beziehen (Schreiben des Abrechnungsunternehmens v. 8.2.2017, Blatt 12 der Verwaltungsakte). Hinsichtlich der Materialkosten gilt, dass diese gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 GOZ mit den Gebühren abgegolten sind, da vorliegend im Gebührenverzeichnis nicht etwas anderes bestimmt ist.

2.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe, die Berufung zuzulassen, bestehen nicht (§§ 124, 124a VwGO).

Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 664,77 festgesetzt.

Gründe:
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.


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